Roman mit Kriminalfall

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"Es ist märchenhaft und dunkel und unpassend schön."

"Doggerland Tiefer Fall" - ein Kriminalroman ... und das ist perfekt ausgedrückt, denn das Buch liest sich wirklich wie ein Roman mit Kriminalfall: besonders die leicht komplizierten Familiengeschichten rund um Ermittlerin Karen Eiken Hornby haben mich ganz abgeholt. Ganz nach dem Motto: Familie - man kann nicht ohne sie, aber auch nicht mit ihr.

Die Figuren sind bis in die Nebenfiguren wunderbar detailiert gestaltet und sorgen z.T. für ein wenig comic relief. Genau so stelle ich mir eine typische nordische Patchwork-Familie vor, die zusammengewürfelt ist, sich manchmal auf die Nerven geht, aber trotzdem zusammenhält. Skurill, aber sympatisch, genauso wie auch Hornbys Kollegen: dem grummeligen Rechtsmediziner Brodal und dem Leiter der Spurensicherung Larsen.

Hornby selber hat Ecken und Kanten - sie raucht, hat eine etwas rauhe/toughe Art und ist körperlich eingeschränkt, da sie noch an einer Knie Verletzung aus dem letzten Fall laboriert. Das sie dankbar für kranke Kollegen einspringt, um wieder eine Aufgabe zu haben, kann ich so gut nachempfinden. Karen ist keineswegs eine perfekte Heldin, eher eine echte Frau aus dem Leben, die Fehler macht und schon einige Lebenserfahrung mitbringt - das macht sie wahrscheinlich für mich so sympatisch und ich habe mich schon mit ihr identifizieren können (leichte Parallelen zur Figur des Großstadtrevier Matthies lassen sich nicht übersehen).

Das Buch lässt sich wunderbar lesen: die Autorin (und die Übersetzerin Stephanie Werner) hat einen sehr flüssigen Schreibstil, es sind relativ kurze Kapitel, so dass man jederzeit Pausen einlegen könnte (könnte, weil ich das Buch fast in einem Rutsch durchgelesen habe), die Geschichte ist interessant, die Ermittlungen realistisch und man erfährt sehr viel von Skandinavien, wie es abseits der großen Städte sein könnte, inklusive der Spannungen zwischen Großstädlern und Menschen aus der "Pampa". Dadurch, dass Karen ihre Kindheit dort verbracht hat, wo dieses Mal der Tatort liegt, gibt es zudem so einige Rückblicke - und wieder werden Familiengeschichte und Kriminalfall verbunden.

Insgesamt konnte ich mich ganz auf dieses fiktive Doggerland, seine Bewohner und die Ermittlungen einlassen - für Menschen, die klassische Krimis lieben, ist es wahrscheinlich nicht das richtige Buch; für mich als Leserin war die Mischung aus Roman und Kriminalfall aber sehr unterhaltsam. Hoffentlich gibt es noch einige weitere Teile dieser Serie.