Lesen Sie weiter! Hier gibt es nichts zu sehen!
Manchmal passiert einem nichts. Doch was sagt einem das? Geschieht einem nicht trotzdem etwas? Wenn das Nichts nicht die bloße Abkehr von Etwas wäre beziehungsweise etwas anderes als das Nicht-Nichts, wäre es etwas Bedrohliches? Vielleicht sogar eine Waffe, die jederzeit einsatzbereit wäre, um Unliebsames aus dem kollektiven Gedächtnis zu löschen und in eine Niemals-existiert-zu-haben-Existenz zu schicken? So in etwa ist Percival Everetts Arbeitshypothese in seinem neuen Augenzwinker-Roman Dr. No, den er entsprechend seines Titels in eine James Bond-Persiflage kleidet.
Dr. No – eine Matheprofessor mit den Namen Wala Kitu, was in Tagalog und Swahili jeweils nichts anderes als nichts und nichts bedeutet – ist Wissenschaftler, beschäftigt sich – ganz genau! – mit nichts, jedoch im vorgenannten Sinn. Ein milliardenschwerer Möchtegern-Schurke namens Sill sucht ihn auf, um mit seiner Hilfe nichts zu stehlen, das dieser im legendären Fort Knox vermutet. So verrückt, so genial! Willigt Dr. No anfangs in diese Gaunerei für einen Millionenhonorar noch ein, ändert er rasch seine Meinung. Eine undurchsichtige Geheimorganisation der Vereinigten Staaten ist ihm und Sill auf den Fersen, und das macht ihm Angst. Der Leiter des Agentenrings mit dem vorgeblichen Namen Bill Clinton (!) versucht zu ergründen, was Sills Ziel ist. Doch auch Dr. Nos Beteuerung, dass es schlicht um nichts gehe, stellt Clinton nicht zufrieden. Kein Wunder, die Idee ist nur schwer zu begreifen und Dr. Nos Bemühungen, der an einer Autismus-Spektrums-Störung leidet, erzeugen eher Misstrauen als dass sie zur Aufklärung beitragen. Sie führen sozusagen zu nichts.
Sill erpresst Dr. No und setzt ihn in der Manier eines Oberschurken rücksichtslos für seine Zwecke ein. Um Dr. No zu kontrollieren, wird Sills Powerfrau für das Grobe, Gloria, auf ihn angesetzt. An Nos Seite gesellt sich der dreibeinige Hund Trigo, ein menschlich denkender Sidekick und Lehrmeister, und die eigenwillige Mathematik-Kollegin Eigen, die trotz ihrer Sprödheit unter dem Einfluss von Sills Drogen zu einem liebesgefälligen Bondgirl mutiert.
Garniert wird dieser zu nichts führende Wettlauf zwischen den Bösen und Dr. No mit allerlei verschrobenen, amüsanten, skurrilen, wortgewitzten, hochpolitischen und ebenso hochmathematischen Ausflügen in unzählige Gesellschaftswinkel. Die drohende Spaltung Amerikas, Rassismus, Autokratie, Korruption, Künstliche Intelligenz, Umweltzerstörung, Diversität – es sind die großen Themen, die Everett hier anpackt und den Lesern mit Denkanstößen in den Kopf pflanzt. Der Roman bietet eine sprachliche Wundertüte mit einer grotesken Story, auf die man sich einlassen sollte, um nicht nichts zu verpassen. Nicht immer ist das Gelände, auf dem man sich als Leser bewegt, leichtgängig, vor allem die Mathematiktheorien haben es in sich, aber die Reise bis zu Fort Knox bereichert und unterhält einen an so vielen Stellen, dass auch die gedanklichen Verschnaufpausen während des Marsches nicht störend auf die Füße fallen. Es ist eine Meisterleistung Everetts, die vielen Widersprüche und Herausforderungen unseres modernen Daseins mit scheinbar leichter, spitzer Feder aufzuspießen. Nicht von ungefähr haben wir es hier mit einem Englisch-Professor und Pulitzerpreisträger zu tun. Seine Einlassungen sprechen für sich, seine Wahl des Bond-Themas eine fragwürdige Kulisse, die mir jedoch sehr gefallen hat.
Am Ende sollte sich jeder selbst ein Bild davon machen, ob nichts von Bedeutung ist. Meine Erkenntnis behalte ich an dieser Stelle für mich – nichts für ungut.
4,6 Sterne von 5 Sternen ist jedenfalls besser als nichts.
Dr. No – eine Matheprofessor mit den Namen Wala Kitu, was in Tagalog und Swahili jeweils nichts anderes als nichts und nichts bedeutet – ist Wissenschaftler, beschäftigt sich – ganz genau! – mit nichts, jedoch im vorgenannten Sinn. Ein milliardenschwerer Möchtegern-Schurke namens Sill sucht ihn auf, um mit seiner Hilfe nichts zu stehlen, das dieser im legendären Fort Knox vermutet. So verrückt, so genial! Willigt Dr. No anfangs in diese Gaunerei für einen Millionenhonorar noch ein, ändert er rasch seine Meinung. Eine undurchsichtige Geheimorganisation der Vereinigten Staaten ist ihm und Sill auf den Fersen, und das macht ihm Angst. Der Leiter des Agentenrings mit dem vorgeblichen Namen Bill Clinton (!) versucht zu ergründen, was Sills Ziel ist. Doch auch Dr. Nos Beteuerung, dass es schlicht um nichts gehe, stellt Clinton nicht zufrieden. Kein Wunder, die Idee ist nur schwer zu begreifen und Dr. Nos Bemühungen, der an einer Autismus-Spektrums-Störung leidet, erzeugen eher Misstrauen als dass sie zur Aufklärung beitragen. Sie führen sozusagen zu nichts.
Sill erpresst Dr. No und setzt ihn in der Manier eines Oberschurken rücksichtslos für seine Zwecke ein. Um Dr. No zu kontrollieren, wird Sills Powerfrau für das Grobe, Gloria, auf ihn angesetzt. An Nos Seite gesellt sich der dreibeinige Hund Trigo, ein menschlich denkender Sidekick und Lehrmeister, und die eigenwillige Mathematik-Kollegin Eigen, die trotz ihrer Sprödheit unter dem Einfluss von Sills Drogen zu einem liebesgefälligen Bondgirl mutiert.
Garniert wird dieser zu nichts führende Wettlauf zwischen den Bösen und Dr. No mit allerlei verschrobenen, amüsanten, skurrilen, wortgewitzten, hochpolitischen und ebenso hochmathematischen Ausflügen in unzählige Gesellschaftswinkel. Die drohende Spaltung Amerikas, Rassismus, Autokratie, Korruption, Künstliche Intelligenz, Umweltzerstörung, Diversität – es sind die großen Themen, die Everett hier anpackt und den Lesern mit Denkanstößen in den Kopf pflanzt. Der Roman bietet eine sprachliche Wundertüte mit einer grotesken Story, auf die man sich einlassen sollte, um nicht nichts zu verpassen. Nicht immer ist das Gelände, auf dem man sich als Leser bewegt, leichtgängig, vor allem die Mathematiktheorien haben es in sich, aber die Reise bis zu Fort Knox bereichert und unterhält einen an so vielen Stellen, dass auch die gedanklichen Verschnaufpausen während des Marsches nicht störend auf die Füße fallen. Es ist eine Meisterleistung Everetts, die vielen Widersprüche und Herausforderungen unseres modernen Daseins mit scheinbar leichter, spitzer Feder aufzuspießen. Nicht von ungefähr haben wir es hier mit einem Englisch-Professor und Pulitzerpreisträger zu tun. Seine Einlassungen sprechen für sich, seine Wahl des Bond-Themas eine fragwürdige Kulisse, die mir jedoch sehr gefallen hat.
Am Ende sollte sich jeder selbst ein Bild davon machen, ob nichts von Bedeutung ist. Meine Erkenntnis behalte ich an dieser Stelle für mich – nichts für ungut.
4,6 Sterne von 5 Sternen ist jedenfalls besser als nichts.