Spannend und rätselhaft

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Als die 17jährige Cayenne im Wald von einem unbekannten Mann angegriffen wird, zahlt sich zum ersten Mal das jahrelange Survival-Training aus, das Stephan ihr und ihrem jüngeren Bruder Joshua mit aller Härte angedeihen lässt. Der Ernstfall, für den sie trainiert haben, ist eingetreten. Man hat sie gefunden. Nur weiß Cayenne nicht, warum sie sich versteckt halten und wer hinter ihnen her ist. Sie will endlich Antworten von Stephan, der sie zwar beschützt, aber sonst aus allem ein großes Geheimnis macht.

„Draußen“ gliedert sich in drei Handlungsstränge, wobei zwei davon parallel in der Gegenwart verlaufen. Man begleitet Cayenne und ihr kleines Grüppchen durch den Urwald von Brandenburg, wo sie trainieren und sich verbergen. Zeitgleich zieht Jürgen Wagner im Bundestag seine Strippen, spielt Lobbyisten in die Hände, erpresst Abgeordnete und lässt andere die Drecksarbeit erledigen. Außerdem erhält man als Leser Einblicke in das Tagebuch eines Fremdenlegionärs – eine fremde Welt durchdrungen von Gewalt, Gehorsam und dem Pathos von Ehre und Kameradschaft. Zwischen Prepperszene, Survival-Abenteuercamps, Politik und Fremdenlegion mäandernd trifft man auf Fremdenhass und Reichsbürger, so dass ich schnell ungeduldig wurde, zu erfahren, worauf es denn nun hinauslaufen würde. So viel schien möglich.

Ich fand „Draußen“ wahnsinnig spannend und habe den Thriller an einem Tag durchgelesen, da ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Cayenne, Joshua und Stephan bilden ein interessantes Gespann, einerseits einander so nah und gleichzeitig so geheimnisumwittert, dass ich manchmal Zweifel hatte, ob ich mit der „richtigen Seite“ sympathisieren würde. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich genug Material hatte, um überhaupt spekulieren zu können, was sich hinter dem „Versteckspiel“ verbergen könnte.

In „Dry“, dem Jugendbuch von Jarred und Neal Shusterman, in dem es um das Abschalten der Wasserversorgung geht, habe ich zum ersten Mal von Preppern gehört, also Menschen, die sich für den Ernstfall wappnen. Das kann eine Naturkatastrophe, Krieg oder auch ein Black Out (großflächiger Stromausfall) sein. Dazu gehören dann auch Verteidigungsmaßnahmen, denn wer hat, dem wird in solchen Situationen genommen. Aber auch die Einblicke in die Fremdenlegion (Légion étrangère) fand ich ungeheuer spannend – ganz klar, dass ich hier anschließend noch ein wenig von der Anwerbung über die Ausbildung bis zu den heutigen Einsätzen recherchieren musste.

Meiner Meinung nach ist Michael Kobr und Volker Klüpfel mit „Draußen“ ein ungeheuer spannender, gut recherchierter und gut durchdachter Thriller gelungen, der zeitweise härter war als erwartet. So unglaublich das Szenario klingt, so ist es doch erschreckend realistisch. Einzig das Motiv, sich auf diese Weise über Jahre zu verstecken, wirkte mir doch sehr angestrengt. Da hätte es definitiv einfachere Möglichkeiten gegeben, wenn vielleicht auch nicht so spannend wie in diesem Thriller.

© Tintenhain