Die Reise des Douglas Petersen

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Es gibt ein wunderbares Buch von Anne Tyler mit dem Titel “Die Reisen des Mr. Leary”. Douglas Petersen, der Held aus “Drei auf Reisen” erinnert ein wenig an diesen Mr. Leary oder vielmehr den “Accidental Tourist” wie das Buch der Pulitzerpreisträgerin im Original heißt. Hier wie dort geht es um Männer in den mittleren Jahren, deren Leben noch einmal eine völlig neue Wendung nimmt, ohne dass sie dies beabsichtigen oder gar wünschen.

Douglas Petersen ist Mitte fünfzig, seit zwanzig Jahren (wie er meint) glücklich verheiratet und stolzer, wenn auch aktuell meist genervter, Vater eines 18jährigen Sohnes. Seine Frau Connie eröffnet ihm eines Abends, dass sie gedenkt die Ehe zu beenden, sobald Albie das Haus zum Studium verlässt. Für Douglas bricht eine Welt zusammen, denn er liebt seine Frau innig und versteht nicht, was sie zu diesem Schritt bringt. Die “Grand Tour” für Albie, eine lang geplante Reise der drei durch Europa, soll aber dennoch stattfinden. Sozusagen als letzte gemeinsame Unternehmung der kleinen Familie. Douglas beschließt diese Reise dazu zu nutzen, seine Frau zurückzugewinnen und dabei auch gleich noch das Verhältnis zu seinem Sohn zu verbessern.

David Nicholls erzählt seinen Roman aus der Ich-Perspektive von Douglas. Er nutzt dazu die Technik des Parallelplots. Das aktuelle Geschehen wird mit Rückblenden aus der Vergangenheit ergänzt, bis am Schluss beide Zeitachsen wieder aufeinander treffen. Douglas, der im Beruf sachlich, nüchterne Biochemiker, erzählt im Plauderton humorvoll und ironisch aus dem Nähkästchen seines Lebens. Seine vergeblichen Versuche mit den Künstlerseelen von Frau und Sohn Schritt zu halten, sind herrlich. Komisch und tragisch zugleich. Eine Mischung die Nicholls schon in seinem Bestseller “Zwei an einem Tag” unter Beweis stellte.

Leary, der “Accidental Tourist” aus Tylers Roman, lernt sich selbst neu kennen und findet am Ende einer unfreiwilligen Reise erneut eine große Liebe. Auch Douglas lernt sich selbst neu kennen. Was er am Ende findet? Wer neugierig ist, sowie Lust und Zeit hat ihn auf rund 500 Seiten auf seiner Erkenntnistour zu begleiten, ohne zu viele neue Erkenntnisse zu erwarten, der wird es erfahren. Wer diese Neugier nicht verspürt, verpasst aber auch nichts, wie ich finde.