Drei auf Reisen

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regenprinz Avatar

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In diesem Buch gelingt David Nicholls meiner Meinung nach eine schwierige Gratwanderung - der Roman enthält viel Humor, erzählt jedoch auch eine traurige und stellenweise sogar tragische Geschichte, wobei Erzähler Douglas ungeheuer scharfsichtig auftritt. Allein wegen dieser Eigenschaft fällt es mir schwer, ihm den "Langweiler" abzunehmen, als den er sich gern darstellt. Und auch wenn er selbst stets behauptet, dass Ehefrau Connie ihn soooo gut kennt, so schimmert doch an manchen Stellen ein bisschen Trotz und Widersinn durch - vielleicht ist er also im Grunde doch gar nicht so langweilig, wie er oft tut. Nachvollziehbar sind seine Ansichten sowieso immer, meist klug und mitunter auch "entlarvend", es macht Spaß, ihm zu folgen, gerade weil er nie etwas beschönigt.
Überhaupt finde ich, dass diese Geschichte viele feine Nuancen hat und insgesamt sehr schön erzählt ist. Dass der Autor seinen Roman in sehr viele, sehr kurze Episoden unterteilt hat, passt meines Erachtens prima dazu - Szenen zum Schmunzeln wechseln sich ab mit welchen, bei denen man die Stirn runzelt oder sich auf die Lippen beißt, Erinnerungen spielen fortlaufend in die Gegenwartshandlung hinein.
Klar ist jedenfalls, dass Douglas und Connie verschiedener nicht sein könnten und eigentlich ist es erstaunlich, dass sie überhaupt so lange verheiratet waren, bis eine Trennung wahrscheinlich wird. Zwischen diesen beiden Hauptfiguren verblasst Albie, der gemeinsame Sohn, ein bisschen - oder vielleicht kommt hier auch nur Douglas' ratlose Distanz zum Tragen. Die gemeinsame Europa-Reise geht jedenfalls nicht lange gut und es geschieht unterwegs doch so einiges ...
Ich fand die Geschichte durchaus spannend und nicht allzu vorhersehbar, das Roadtriphafte mag ich generell und die Schauplätze der Reise sind nicht nur gut gewählt, sondern auch interessant dargestellt. Die Figurentiefe ist exzellent, der Humor treffend und Nicholls Sprache wirklich schön. Darum fand ich es echt schade, dass ich mehrmals im Buch über unschöne Tippfehler, fehlende Buchstaben oder falsche Worttrennungen stolpern musste - da hätte der Autor wahrlich mehr Sorgfalt von Verlagsseite verdient gehabt (zumal das Buch ja einen stolzen Preis hat).