Ein Paar auf dem Prüfstand

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buecherfan.wit Avatar

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In David Nicholls neuem Roman “Drei auf Reisen” (Original: “Us”) versucht ein Mann, seine Ehe zu retten. Connie hat ihren Mann Douglas mitten in der Nacht geweckt, um ihm mitzuteilen, dass sie ihre Ehe für beendet hält. Sie möchte nach dem Auszug des 17jährigen Sohnes Albie, auch Egg genannt, ohne Douglas noch einmal einen neuen Anfang machen. Diese Ankündigung kommt für Douglas völlig überraschend. Er hat seine über 20 Jahre dauernde Ehe für glücklich gehalten und liebt seine Frau noch immer sehr. Er kann sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Das Paar will die lang geplante Bildungsreise durch Europa, die Grand Tour, gemeinsam mit dem Sohn dennoch durchführen. Douglas möchte versuchen, seine Frau zurückzugewinnen und das gespannte Verhältnis zu seinem Sohn zu verbessern.

Ein großer Teil des Romans ist der Beschreibung dieser Reise mit allen möglichen Komplikationen und Zwischenfällen gewidmet. Über weite Strecken liest sich das Buch deshalb wie ein Reise- und Kunstführer durch die architektonischen Sehenswürdigkeiten und die Kunstwerke in den großen Museen in Frankreich, Holland und Italien.

Die andere Hälfte des Romans ist dem detaillierten Rückblick auf die Beziehung gewidmet - vom ersten Kennenlernen bis zur aktuellen Krise. Allmählich wird dem Leser dadurch deutlich, dass Douglas und Connie, die sich doch offensichtlich immer noch sehr lieben, eigentlich gar nicht zusammenpassen. Douglas ist ein introvertierter Wissenschafter, der seine Arbeit sehr ernst nimmt, Connie eine impulsive Künstlerin, die vor ihrer Begegnung mit Douglas ihr Leben ausgiebig genossen hat. Sie hat alle künstlerischen Ambitionen für diese Ehe aufgegeben und arbeitet seit Jahren in der Administration eines Museums. Der Leser versteht auch, wie es zu der für Douglas sehr schmerzhaften Entfremdung zwischen Vater und Sohn gekommen ist, die Connie zusätzlich belastet. Auch Douglas muss im nachhinein einsehen, dass er nicht der perfekte Ehemann und Vater gewesen ist, für den er sich immer gehalten hat. Wird er es schaffen, seine Ehe zu retten?

Nicholls erzählt auf 536 Seiten mit enormem Detailreichtum die Geschichte einer Beziehung genauso wie die Stationen der Reise mit all ihren Sehenswürdigkeiten. Das ist nicht durchweg interessant und auch nicht besonders spannend. Zwar stand der Roman auf der Longlist für den renommierten Man Booker Prize, aber der ganz große Wurf ist das Buch in meinen Augen nicht und erscheint deshalb völlig zu Recht nicht mehr auf der Shortlist. Ich kann es nur mit deutlichen Abstrichen empfehlen.