Drei Frauen im R4

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lunamonique Avatar

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Die 80er Jahre haben ein unvergessliches Flair. In ihrem Roman „Drei Frauen im R4“ lässt Autorin Christine Weiner die alten Zeiten auf humorvolle Weise wieder aufleben. Eine amüsante, lockerleichte Komödie in sehr unterhaltsamer Sprache mit originellen Details und sympathischen Charakteren.

Nele, Renate und Trudi sind in Landau aufgewachsen und feiern zusammen ihren 150zigsten Geburtstag. Die Töchter von Nele und Renate Anna und Sarah schenken den Dreien eine Reise nach Italien mit einem R4. Ein Trip in die Vergangenheit, in die 80er Jahre. 1982 wollten die drei Freundinnen nach Italien reisen, haben es aber nie geschafft. Ohne Handy, Laptop, Navi, Kreditkarte, Kosmetik, in den Klamotten von damals, mit sehr wenig Geld in einer Niveadose geht es los. Es ist nur das erlaubt, was es in den Achtzigern auch gab. Zelten, Dosenessen, der alte Kleidungsstil, nichts, was Trudi unbedingt wieder heraufbeschwören möchte. Es gibt kein Zurück. Das Abenteuer beginnt.

Trudis Entsetzen über die Reise ohne Komfort kann man gut nachempfinden. Wie würde es einem selbst gehen, angesichts der strengen Regeln und des großen Verzichts? Die drei Freundinnen müssen sich erst wieder zusammenraufen, auf so engem Platz. Erst der holprige R4 und dann ein Zelt in der freien Natur, Regen und Matsch. Autorin Christine Weiner lässt ihre drei Hauptfiguren ein Abenteuer erleben, nach dem sich viele unbewusst sehnen. Wie ist es, auf technischen Firlefanz zu verzichten und wieder ganz nah an einem freien, ungezwungenen Leben zu sein? Die Geschichte berührt von Anfang an. Das liegt an der flapsigen, ausgefallenen, witzigen Sprache. Viele Sätze, die man so noch nicht gelesen hat. Ein ganz eigener Stil, der das langsam entstehende Freiheitsgefühl auf der Reise grandios untermalt. Man erfährt zum Beispiel was eine akustische Umweltverschmutzung ist oder was der Auslöser für eine neurotische Schnappatmung sein kann. Es gibt noch viel mehr Überraschungen im Buch. Ein herrlicher Lesespaß, der gute Laune garantiert. Man muss kein Fan der 80er Jahre sein, um diesen Roman zu mögen. Frauen mit Fünfzig, die eine verrückte Reise unternehmen, und all die neuen Eindrücke und ungewöhnlichen Begegnungen einfach auf sich zu kommen lassen. Eigentlich nachahmungswert. Es ist damit zu rechnen, dass demnächst viele alte, klapprige Autos mit seltsam angezogenen Leuten drin die Landstraßen bevölkern. Man dürfte gespannt sein, welche Schauspielerinnen bei einer Verfilmung für die Hauptrollen taugen würden. Nele, Renate und Trudi haben ihre Eigenarten. Alle drei nicht mehr ganz taufrisch, nehmen sie die Zeichen des Alters bald sehr gelassen. Die Träume der Jugend leben wieder auf und bisherige Ziele müssen neu überdacht werden. Eine Reise kann einen Menschen verändern. Die Botschaften sind eindeutig. Auf Luxus und Schnickschnack kann man sehr gut verzichten, und Freundschaft und Zusammenhalt sind Gold wert.

Auf dem Cover im sonnig sandzarten Orange-Gelb ist ein Bild von den drei unzertrennlichen Freundinnen zu sehen, das mehr einer Karikatur ähnelt. Die Devise „Alles nicht so ernst nehmen“ bestimmt das Cover genau wie die Geschichte. Mit wenigen Details hat die Gestaltung einen Volltreffer gelandet. Sonnenbrillen, rote Lippen und verwehtes Haar, mehr braucht es nicht, um die Urlaubsstimmung herzustellen. Witzige, kleine Zeichnungen sorgen auch im Buch für Unterhaltung, immer passend zu den Szenen platziert. In der Danksagung fällt folgende Bitte der Autorin ins Auge „Liebe Autokonzerne, baut doch bitte wieder Autos mit Persönlichkeit, damit auch in Zukunft wieder Erinnerungen wie diese möglich sind.“ Ich schließe mich dem an. Nach einer Ente schaut man sich immer noch um. Ein VW-Käfer weckt Nostalgiegedanken und von Oldtimern wird die Phantasie gnadenlos angeregt. Wenn man jetzt noch Äußeres und Spritverbrauch bzw. Umweltbewusstsein in Einklang bringt… „Drei Frauen im R4“ ist ein Frauenroman, der sich wunderbar fürs Urlaubsgepäck eignet. Eigene Erinnerungen kehren zurück, und die Reiselust wird geweckt. Einfach mal von den ausgetretenen Pfaden abweichen und Neues wagen.