Der Pralinenladen unter den Linden

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Drei Tage im August, Roman von Anne Stern, EBook, erschienen bei Aufbau digital.
Eine Chocolaterie als Zuflucht in schlimmen Zeiten.
Berlin August 1936, es sind olympische Spiele und Berlin zeigt sich noch einmal im Glanz vergangener Tage, was verschiedene Personen in diesen drei Tagen erlebt haben wurde hier gänzlich unaufgeregt erzählt. Dies alles geschieht „Unter den Linden“, doch der Glanz dieser ehemaligen erstklassigen Adresse, ist schon längst in Richtung Kurfürstendamm entschwunden.
Das Buch besteht aus 34 Kapiteln und einem Epilog. Im Tagebuchstil werden hier die Geschehnisse mit genauem Datum und Uhrzeit überschrieben geschildert, der Erzählstil ist auktorial, zu jeder Zeit kann der Leser, die Erlebnisse der einzelnen Figuren beobachten. Anne Stern berichtet über diese drei Tage im August, im Hintergrund die olympischen Spiele und die drohende Gefahr durch die Nationalsozialisten. Die Erlebnisse diverser Figuren werden in zahlreichen Erzählsträngen genau beschrieben. Doch auch die Linden kommen zu Wort, dies ist wie auch Briefe und Liedtexte kursiv hervorgehoben. Lebendige Dialoge in Berliner Mundart lassen keine Zweifel, wo sich die Geschichte abspielt.
Ich habe von diesem Buch etwas anderes erwartet, mir gefallen die Fräulein Gold Romane der Autorin außerordentlich. Auch hier hatte ich anhand des Klappentextes, ähnlich Aufregendes erwartet. Eigentlich habe ich mehr Information über das Traditionshaus Sawade, die älteste noch bestehende Chocolaterie in Berlin erhofft. Die beschriebenen Charaktere sind alle hervorragend und tiefgründig beschrieben, doch es waren für meinen Geschmack einige zu viel. Vieles wurde angedeutet doch m.E. nichts zu Ende geführt, es passiert einiges doch das alles unspektakulär und unaufgeregt, selbst das „Geheimnis“ des noblen Pralinenladens ist ohne Wendungen und ohne unvorhersehbares Ende irgendwie schal. Der „Deal“ den Franz Marcus mit Doberan hatte, keine Informationen dazu, ob es für ihn und Trude ein Wiedersehen gibt, weiß man nicht. Ob Elfie jemals, wenn auch nur für einen Tag geglänzt hat, keine Informationen dazu. Der Strang des Hotelpagen und des Museumswächters, dessen weitere Geschichte mich übrigens brennend interessiert hätte sind im Dunkeln geblieben.
Die dazwischengeschobenen poetischen Ansichten der Linden habe ich nur quergelesen, weil ich mir irgendwann, hier nichts mehr erwartet habe. Gefreut und genossen habe ich die Beschreibung der Leckereien aus der Pralinenküche, da hätte es gerne etwas mehr sein dürfen. Die Stärke des Buches sind tatsächliche die guten Charakterbeschreibungen der Figuren, selbst Confiseur Monsieur Gérard wurde mit einer interessanten Geschichte bedacht. Die Protagonistin, wenn man sie hier so nennen mag, die schwermütige Elfie, war mir zu langweilig, auch sie hat sich, wie so manche andere Figur, im Buch nicht weiterentwickelt. Auch die braune Bedrohung hat sich nur angedeutet, einzig der Zwischenfall mit dem Blumenmädchen, brachte Aufregung, die Repressalien die Franz erlitt, hätte ich mir deutlicher gewünscht.
Natürlich kann in diesem kurzen Zeitraum nicht allzu viel geschehen, vermutlich bin ich mit falschen Voraussetzungen an das Buch herangegangen, von mir eine eingeschränkte Leseempfehlung und 3 Sterne.