Schnell vorwärts peitschender Roman mit Tiefgang aber schlussendlich zu offen

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Berlin, 1936 zur Zeit der Olympiade: Über dem Land und der Stadt liegen erste bedrohliche Wolken durch den fortschreitenden Nationalsozialismus, doch die Olympiade bringt viel Bewegung nach Berlin. So auch in der bekannten Straße „Unter den Linden“, in der sich die Chocolaterie Sawade befindet. Dort arbeitet Elfie. Elfie, oftmals schwermütig, hat dort ihren Anker im Leben gefunden und Schokolade und der Verkauf davon ist ihre Welt. Parallel werden die Nachbarn der Straße „Unter den Linden“ begleitet und es gibt auch ein kleines Geheimnis zu entdecken.
Anne Stern schreibt mit „Drei Tage im August“ einen ganz anderen Roman als ihre sehr bekannte Hebammenreihe rund um Hulda Gold, von der ich die Autorin bereits kenne. Das Cover und das Buch an sich gefallen mir sehr gut mit dem farbigen Buchschnitt und es wird unweigerlich die Lust auf Schokolade beim Lesen geweckt. Der Autorin gelingt es hervorragend die Atmosphäre dieser Zeit einzufangen und kleine Besonderheiten (Gerüche, detaillierte Beschreibungen der Umgebung) hervorzuheben. Auch ihre Charaktere skizziert sie so hervorragend, dass sie unweigerlich vor dem geistigen Auge auferstehen und man sich auch sehr gut in sie reinversetzen kann. Recht besonders ist, dass wir sehr viel in die Seele und das Gefühlsleben der Personen, besonders von Elfie, blicken können. Der Sprachstil des Buches ist wie bereits gewohnt sehr ausgewogen und beinahe melodisch, was ich sehr mag. Oft werden einzelne Wörter hervorgehoben und mit etwas Nachdruck somit eingeprägt.
Der Roman an sich erzählt tatsächlich, wie der Titel sagt, nur über eine Zeitspanne von 3 Tagen, was natürlich sehr schnell ist und nicht immer genügend Raum für alle Erklärungen lässt. Im schnellen Kapitelwechsel verfolgen wir neben der Hauptfigur Elfie viele weitere Personen der Nachbarschaft, die alle mit den Pralinen der Chocolaterie verbunden sind, von denen wir aber leider nicht unbedingt immer genügend hören. Stück für Stück werden einzelne Bauteile zusammengesetzt und entspinnt sich die Geschichte. Besonders gelungen ist die Erzählung um Madame Conte, die Elfie so manch kleines Geheimnis verrät und damit die Geschichte spannend und authentisch gestaltet. Als Beobachter haben außerdem selbst die Lindenbäume in der Straße ihre eigenen Kapitel. Somit komme ich nun auch zu meiner Kritik. Ich habe mich die ganze Zeit wie ein Beobachter gefühlt, der von Szene zu Szene gehetzt wird. Vielleicht wäre an dieser Stelle weniger mehr gewesen. Ich war hin und her gerissen, einerseits bin ich sehr gut in das Buch gestartet, dann gab es auch längere Phasen und dann gab es auch Phasen, die man sehr schnell verschlingen konnte. Insgesamt war es mir zu viel und dann doch wieder zu wenig. Fakt ist aber, dass der Roman sicherlich polarisieren wird. Mir persönlich war es dann doch zu wenig Spannung, zu viele Charaktere hineingepresst in die Geschichte und dann auch noch sprechende und denkende Bäume - es ist teilweise einfach Geschmackssache. Das sehr offene Ende für viele Charaktere lässt einen ordentlichen Abschluss vermissen und liefert reichlich Stoff für Spekulationen. An dieser Stelle hätte ich mir mehr Klarheit gewünscht.
Mein Fazit: Insgesamt ist es ein solides Buch, welches die Ereignisse Schlag auf Schlag schildert mit sehr gut dargestellten Figuren und dem besonderen Hauch von Schokolade, aber für mich rangiert es nur in der Rubrik für 3 Sterne, da man es lesen kann, aber nicht muss. Ich empfehle aber sich selbst ein Bild davon zu machen.