Schöner atmosphärischer Roman

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mitchwlb Avatar

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Die Linde, lat. Talia, gehört wie der Kakaobaum, lat. Theobroma cacao, zu den Malvengewächsen (Malvaceae). Und so wundert es nicht, dass die Lindenbäume im neuen Buch von Anne Stern eine ganz besondere Rolle spielen, nämlich als eigenständige Erzähler.

In „Drei Tage im August“ geht es um die Chocolaterie Sawade, die von Elfie geleitet wird. Sie ist umgeben von einer unglaubliche Vielfalt an Pralinen und verhilft so einigen Menschen zur einer kleinen Flucht aus ihrem Alltag und aus den dunklen Tagen.
Der Roman spielt vom 5.-7. August 1936: Olympia findet gerade in Berlin statt und seit langem sind wieder internationale Gäste in Berlin. Aber man merkt schon, es könnte für längere Zeit das letzte Mal sein. Nach außen zeigt sich Berlin weltoffen, aber immer mehr Gewalt und Ausgrenzung bestimmen den Alltag.
Da ist zum Beispiel der jüdische Buchhändler Franz Marcus, der immer mehr Einschränkungen in Kauf nehmen muss, und dann vor der Entscheidung steht: bleiben oder auswandern?

Über der Chocolaterie wohnt Madame Conte und eines Tages bestellt sie nicht nur ihre gewohnten Pralinen, sondern lädt Elfie zu sich ein und so erfährt Elfie die verborgene Geschichte von Sawade.

Anne Stern schafft es wunderbar kleine Szenen entstehen zu lassen, die vor dem inneren Auge lebendig werden. Man meint man riecht die Schokolade beim Lesen und man spürt insgesamt die Atmosphäre im damaligen Berlin. Die unterschiedlichen Charaktere kommen einen auch immer näher, auch wenn teilweise nur kleine Episoden aus den Leben erzählt werden. Ein großer Spannungsbogen fehlt, und es passiert auch nichts unvorhergesehenes. Aber muss ja auch nicht!

Gerade wenn es stressig ist, wenn die Probleme überhand nehmen, da braucht man eine kleine Zuflucht. Dies kann eine Chocolaterie mit ihren Pralinen sein, eine Bar mit Livemusik und Alkohol oder die Buchhandlung um die Ecke. Oder ein guter Roman wie dieser!