Ein kleines Juwel

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werner1966 Avatar

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Ina Bhatters Erstlingswerk, „Drei Tage im Schnee“, ist weit mehr als eine einfache Auszeit-Geschichte. Es ist eine leise, aber unglaublich wirkungsvolle Einladung zur Selbstreflexion und zur Rückbesinnung auf das, was im hektischen Alltag oft verloren geht: kindliche Freude und die innere Stimme.

Die Protagonistin Hannah führt ein typisches, von Termindruck und Stress überladenes Großstadtleben. Man kennt das Gefühl: Man reagiert nur noch, anstatt zu agieren, ist ständig online, aber selten wirklich bei sich selbst. Als sie völlig erschöpft zusammenbricht, trifft sie eine spontane Entscheidung: Sie mietet sich für drei Tage in ein kleines Holzhaus an einem tief verschneiten See ein.

Die winterliche Kulisse ist atemberaubend und fast schon märchenhaft beschrieben. Ina Bhatter schafft eine sofort fesselnde, stimmungsvolle Atmosphäre. Die Stille, die Kaminwärme und die weite, weiße Landschaft wirken wie ein sanfter Gegenpol zur Überreizung von Hannahs Alltag.

Der Wendepunkt und das eigentliche Herzstück der Erzählung ist die Begegnung mit der kleinen Sophie. Das Mädchen im roten Schneeanzug, das versonnen im Schnee spielt und ein Schneinhorn baut, wirkt fast wie eine mythische Figur, ein inneres Kind in physischer Gestalt. Ihre unschuldigen Fragen und ihre pure, ungefilterte Sicht auf die Welt durchbrechen Hannahs verhärtete Hülle.

Durch das gemeinsame Iglu-Bauen, das Machen von Schneeengeln und die Gespräche bei heißem Kakao beginnt Hannah, sich an vergessene Träume und Talente aus ihrer eigenen Kindheit zu erinnern. Die Autorin lenkt den Blick des Lesers geschickt auf die Diskrepanz zwischen dem Menschen, der man geworden ist, und dem, der man als Kind sein wollte. Es geht um die Kunst des einfachen Seins.

Der Schreibstil ist flüssig, poetisch und unaufdringlich. Die kurzen Kapitel mit ihren treffenden Überschriften verstärken den Eindruck eines „Leitfadens“ oder einer Meditation. Obwohl die Handlung auf diese wenigen Tage verdichtet ist, entfaltet die Geschichte einen überraschenden Tiefgang. Man merkt, wie sehr Bhatter das Thema Achtsamkeit am Herzen liegt.

Fazit:

„Drei Tage im Schnee“ ist ein kleines Juwel für alle, die eine Auszeit vom mentalen Overload suchen. Es ist kein Roman der lauten Dramen, sondern der leisen Wahrheiten. Das Buch ist eine warme Umarmung und eine wertvolle Anregung dazu, das eigene Leben zu entschleunigen und wieder auf das Leuchten in uns selbst zu hören. Ich lege dieses wunderbare Buch jedem ans Herz – und das nicht nur im Winter!