Sehr authentisch

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Drei Tage im Schnee - kurz, bündig und unfassbar nah am Leben.

In "Drei Tage im Schnee" lernen wir keine Protagonisten in einer lebensgefährlichen Situation kennen. Niemand muss die Welt retten oder seine Bestimmung erfüllen - im Gegenteil. Wir haben eine Frau in ihren Dreißigern, die verlernt hat, die Welt zu verstehen - und die genau das wieder können muss, um endlich einen Funken für ihr Feuer zu finden.

Das Buch ist kurz, bündig, knackig. Eher ein innerer Monolog einer Frau, die lernen muss, wieder mehr auf all die guten Stimmen in sich zu hören, und nicht nur auf jene, die über alles meckert und herzieht, weil sie ohnehin unzufrieden, unglücklich und irgendwie im Alltag eingesperrt ist.
Wie vielen von uns geht es so?
Ich muss gestehen, dass ich meine Begeisterungsfähigkeit nie so weit wie die Protagonistin verloren habe (ich bin stolz darauf, mein inneres Kind bewahrt zu haben), aber auch ich bin nicht davor geschützt worden, mich in der Maschinerie zu verlieren, die die Gesellschaft mit sich bringt. Wir müssen perfekt sein. Wer eine Pause einlegt ist faul. Geld bestimmt unseren Wert. Nach außen hin dürfen wir keine Fehler zeigen. Glücklich können wir nur sein, wenn wir den Terminplan des Lebens einhalten.
Diese Unzufriedenheit, das beklemmende Gefühl, nicht mehr als ein Objekt auf einem Förderband zu sein, so geht es vielen von uns.

Mit Hannah, der Hauptfigur, habe ich aber noch mehr als das gemein. Ich bin selbst Autorin, ich bin selbst "zu nett" und habe ein Problem damit, nein zu sagen. Aber ich denke, selbst ohne diese Übereinkünfte findet man hier eine Protagonistin, mit der man sich allzu leicht identifizieren kann. Auch wenn ich hier den Kritikpunkt einbringen muss, dass ich manche Aussagen zu allgemein fand und ich sie kurzzeitig extrem unsymapthisch fand, als sie sich fragte, ob ein Vogel denken kann. Selbstredend kann ein Tier denken, nur anders als wir. Wir leben nicht mehr in einer grauen Zeit, in der Tieren dies abgesprochen werden sollte, vor allem nicht von einer Frau, deren Großvater sich doch so gut mit der Natur ausgekannt hatte ...
Der raue, ungeschliffene Schreibstil, der zum Beispiel sehr oft Sätze mit dem Wort "Und" beginnen lässt oder sehr stockende, beinahe wie ein Drehbuch wirkende Dialoge anbringt, ist in diesem Fall allerdings kein Kritikpunkt meinerseits. Für mich wirkt er damit nur umso mehr an der Protagonistin dran, ergo: Es liest sich für mich mehr, als hätte Hannah wirklich ihre Gedanken niedergeschrieben.

Das Buch selbst ist mit sehr viel Liebe gedruckt und gestaltet. Ich bin verliebt und werde den Verlag im Auge behalten. Auch das Korrektorat und Lektorat sind hervorragend. Bis auf ein Komma an einer falschen Stelle, ist mir nichts aufgefallen - und das hatte ich leider schon seit langer Zeit nicht mehr. Also großes Lob meinerseits!