Die Schuld eines Lebens

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Pierre Lemaitres "Drei Tage und ein Leben" ist der klassische Gegenentwurf zum Routinekrimi. Wo bei letzterem vor allem die Ermittlung des Täters und das raffinierte Prüfen von Alibis sowie die akribische Spurensuche im Mittelpunkt stehen, ist bei Lemaitre alles anders.

Schon auf den ersten Seiten bekommt man einen Mord präsentiert und kennt den jungen Mörder - es ist Antoine, der im Affekt einen kleinen Jungen im Wald erschlägt.
Eine groß angelegte Suche nach dem Jungen setzt ein, als dieser nicht zuhause ankommt. Antoine weiß, was wirklich geschehen ist, doch er schweigt. Er schweigt als die Suchmannschaften in Beauval, so der Names des Handlungsortes, eintreffen. Er schweigt, auch als ein Jahrhundertunwetter über dem Ort niedergeht und er schweigt auch in der Folge beharrlich.

Lemaitre glieder seinen Roman in drei Teile, ein Teil spielt 1999, die anderen beiden kürzeren Teile behandeln Antoines Leben 2011 und 2015. Er untersucht in "Drei Tage und ein Leben", wie sich mit Schuld leben lässt. Dieser genaue Blick auf einen Mörder und seine Ängste ist sehr intim, man ist unmittelbar in die Handlung des Romans eingebunden. Inhaltlich hat mich das Ganze sehr stark an den Film "Ein halbes Leben" mit Josef Hader erinnert, der eine nahezu deckungsgleiche Materie verhandelt.

Sprachlich ist das Buch absolut in Ordnung (Übersetzung Tobias Scheffel) und stellt somit eine ungewöhnliche Alternative zu allen sonstigen konventionellen Krimis bzw. Romanen dar!