Zwölf Jahre und ein Mörder

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gisel Avatar

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Der zwölfjährige Antoine wohnt bei seiner alleinerziehenden Mutter und hat es nicht leicht im Leben. Eher vergebens bemüht er sich um seine Freunde und um die Liebe von Émilie. Und dann wird auch noch der Hund des Nachbarn angefahren, Antoines treu ergebener Freund. In einem tragischen Moment höchster Frustration und Überforderung wird er zum Mörder am Nachbarssohn, dem kleinen Rémi. Ab diesem Zeitpunkt lebt Antoine in der Angst, überführt zu werden. Doch jede Spur zu ihm wird durch einen Jahrhundertsturm verhindert. Dennoch muss Antoine immer mit der Angst leben, dass der Leichnam des kleinen Jungen irgendwann gefunden wird.

Sehr einfühlsam stellt der Autor Pierre Lemaitre die Frustrationen und Überlegungen des zwölfjährigen Antoine dar. Gespannt habe ich gelesen, wie Antoine sich mit der beängstigenden Situation auseinandersetzen muss. Ein Zeitsprung zeigt ihn zwölf Jahre später, ein weiterer 16 Jahre nach dem Tod des kleinen Jungen. Das Ende ist völlig überraschend, und doch ist es auf seine Art ein äußerst passender Abschluss für diese Geschichte.

Doch während der erste, umfangreichste Anteil des Buches völlig überzeugend ist, habe ich die beiden letzten Teile als bedeutend schwächer empfunden. Für den erwachsenen Antoine kann ich keine Sympathie mehr empfinden, seine Handlungen kann ich oft nicht nachvollziehen, seine Gedanken lassen mich eher unberührt. Der Schwerpunkt des Buches verlagert sich weg von der Gefühlswelt des Menschen Antoine, er wird für mich seltsam blass.

Damit hinterlässt mich das Buch recht zwiespältig, die anfängliche 5-Sterne-Wertung muss ich leider in vier Sterne umändern. Lesenswert bleibt das Buch aber auf jeden Fall.