Verlust der Heimat oder der Freiheit

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Es ist Sonntag morgen, der 13.8.1961, als der Interzonenzug D-151 von München losfährt. in 3 1/2 Stunden erreicht er die innerdeutsche Grenze, eine Grenze, die sich an diesem Tag schließen wird. Die Reisenden erfahren im Zug von dem Mauerbau und stehen nun vor der Entscheidung ihres Lebens. Sollen sie nach Hause fahren oder im Westen aussteigen? Da ist die Sängerin Carla, die mit ihrer Band einen eher mäßig besuchten Auftritt in München hatte, ganz im Gegensatz zu den gefeierten Konzerten im Osten. Eingesperrt zu sein geht für sie gar nicht, doch dann verliert sie Sascha, Bandmitglied und ihre große Liebe, für den die Heimat das Wichtigste ist. Die 64-jährige Anna bringt mit ihrem Mann Ernst die Asche ihres Bruders nach Hause und sehnt sich danach, ihren Sohn, der vor Jahren in den Westen geflohen ist, zu sehen. Marlis und Gerd waren glühende Verfechter des Kommunismus, bis Gerd seine beruflichen Vorstellungen nicht mehr durchführen durfte. In München hat er die Möglichkeit eines Neuanfanges erhalten. Elke und Willi, ihre Kinder, haben ebenso eine Vorstellung von ihrer Zukunft wie ihre Eltern. In einem anderen Abteil sitzt Ingrid mit ihrem dunkelhäutigen Sohn Hans, das Ergebnis einer Liebe zu einem Amerikaner, der sie anschließend sitzengelassen hat, und Rudolf, den sie morgen heiraten wird.
Sie alle haben nur diese 3 1/2 Stunden Zeit um zu entscheiden, wie ihr Leben weitergehen soll, ob sie als Paar, als Familie zusammenbleiben werden. Was ist wichtiger, Freiheit oder Heimat und die dortige Familie und Freunde? Edith Salzmann, die Lokführerin der Sachsenstolz, der Dampflok, die den Zug kurz vor der Grenze übernimmt, hat sogar weniger als eine halbe Stunde Zeit für ihre persönliche Entscheidung. Lokführerinnen gibt es nicht im Westen und ihre Lok ist auch ihr persönlicher Stolz, aber kann sie dann jemals ihren Traum von einer Fahrt durch den amerikanischen Westen erleben?
Wir erfahren in wechselnden Perspektiven die Gedanken der Reisenden, ihre Ängste, ihre Hoffnungen, ihr Verlassen sein, ihr Hin- und Hergerissen sein. Jeder muss für sich eine Entscheidung treffen, die in jedem Fall eine schmerzhafte ist. Wir selbst als Leser fühlen mit diesen Menschen mit und hoffen am Ende, dass, wie auch immer sie sich entschieden haben, es die richtige für sie war. Spannend und nachdenklich machend.