In einer anderen Zeit

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In einer anderen Zeit

Eines Nachts träumt Polizeihauptkommissarin Jo Weber, im Mittelalter zu leben und als Hexe verfolgt zu werden. Zu ihrer Erleichterung wacht sie in ihrem Schlafzimmer auf. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ihr nicht, denn Jo erreicht ein Anruf ihrer Dezernatsleiterin. Ausgerechnet an ihrem freien Tag wurde eine skelettierte Leiche gefunden und die Kollegen sind krank oder in Urlaub. Jo bleibt nichts weiter übrig, als sich mit ihrem nicht sehr geschätzten Kollegen Lutz Jäger auf das Klostergelände zu begeben. Dort stellt sich heraus, dass die Leiche seit mehreren Jahrhunderten in der Erde liegt. Auf dem Rückweg wird das Fahrzeug der Polizisten in einen Unfall verwickelt. Als Jo wieder zu Bewusstsein kommt, findet sie sich in der Vergangenheit, im Jahr 1380 wieder. Es handelt sich nun um keinen Albtraum, sie ist die Witwe eines Webers und verfügt über Bedienstete. Ein eigenartiger Mönch steht an ihrem Bett und bald entdeckt sie auch Lutz Jäger. Der Kollege ist nun aber auch kein Polizist, sondern Kneipenwirt. Um wieder zurück in die Gegenwart zu gelangen, müssen die beiden den Mord an dem Mann aufklären, dessen Leiche sie im 21. Jahrhundret begutachtet haben. In der klugen Äbtissin Agneta finden sie eine zuverlässige Verbündete. Zunächst erscheint es Jo und Lutz ein widersinniges Unterfangen, ohne die modernen Techniken des 21. Jahrhunderts den Mordfall aufzuklären. Sie lernen aber bald mit einfachen Methoden, wie der Zeugenbefragung, weiter zu kommen. Ihre Suche nach dem Mörder führt sie in Bordelle, Kneipen, Zigeunerlager und mittelalterliche Handwerksbetriebe. Sie gewinnen neue Freunde und auch das Verhältnis zwischen Jo und Lutz bessert sich. Dann ereignen sich weitere Morde. Bald gerät Jo in den Verdacht, eine Hexe zu sein. Wird Lutz sie vor dem Scheiterhaufen retten können und mit ihr wieder in die Gegenwart gelangen?

Die mir bislang unbekannte Autorin Bea Rauenthal schreibt bereits unter dem Namen Beate Sauer historische Romane. Nun hat sie die ebenso interessante wie ungewöhnliche Idee aufgegriffen, eine Zeitreise mit einem Kriminalfall zu kombinieren. Sie katapultiert die Polizisten Josepha Weber, genannt Jo und Lutz Jäger aus dem 21. Jahrhundert zurück in das Mittelalter des Jahres 1380. Die beiden Polizisten werden den Fall der skelettierten Leiche im Mittelalter ohne moderne gerichtsmedizinische Methoden aufklären müssen. Ansonsten bleibt ihnen der Rückweg in die Gegenwart verschlossen. Der Roman spielt in zwei Zeitebenen, die aber nicht ständig vermischt werden. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, kurzweilig zu lesen und mit einer Prise Humor gewürzt. Das Buch besticht durch lebendige Protagonisten. Die Figur der eigenwilligen, mitunter bissigen Polizistin Josepha hat mir besonders zugesagt. Ihr Kollege Lutz Weber besticht durch seine lockere, humorvolle, aber doch verantwortungsvolle Art. Beide ergänzen sich vor allem im Mittelalter, wo sie aufeinander angewiesen sind, hervorragend. Eine besondere Rolle nimmt die kluge Äbtissin Agneta ein, die ihrer Zeit weit voraus ist. Sie würde genauso gut in die Gegenwart passen. Hinzu kommen viele gutmütige und hilfsbereite Romanfiguren, die Jo und Lutz im Mittelalter kennenlernten. Einen besonderen Part nimmt der geheimnisvolle Bischof Leonhard ein. Insgesamt ist Bea Rauenthal ein interessanter Mix aus Historie und Gegenwart gelungen. Obwohl ich stellenweise Spannung vermisst habe, handelt es sich dennoch um ein lesenswertes Buch.