Kurdische Identität

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Der Name des Romans "Dschinns" beschreibt Geistwesen aus der islamischen Mythologie. Sie sind weder gut noch böse. Ich habe die Vermutung, dass es auf unser Gewissen anspielen könnte. Wir sehen es nicht und trotzdem ist es da. So fängt auch die Geschichte von Hüseyin mit einer Beschreibung von außen an, als ob sein Gewissen mit ihm spricht.

"Vielleicht sind Dschinns wie Wahrheiten, die man nicht ausspricht, in der Hoffnung, dass sie einen dann in Ruhe lassen."

Dieses Gespräch findet in der Wohnung in Istanbul statt, auf die Hüseyin 30 Jahre lang gespart hat und sich nun am Ziel seiner Träume wähnt. Die Wohnung wurde von ihm fertig eingerichtet und er wartet auf seine Familie, die in ein paar Wochen nachkommen soll. Als die letzten Möbelstücke geliefert werden und fertig aufgebaut sind fühlt er einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Seine Frau Emine erhält kurz darauf den Anruf, dass ihr Mann an einem Herzinfarkt gestorben ist. So macht sich seine Familie sofort auf den Weg, um rauszufinden was passiert ist.

Nach und nach tauchen wir in die Welt von Familie Yilmaz ein. Dabei kommen zuerst die 4 Kinder Ümit, Sevda, Peri und Hakan zu Wort. Im letzten Abschnitt vervollständigt Ehefrau und Mutter Emine dass Puzzle. Wir erfahren von den Problemen und dem Kummer jedes Einzelnen. Jeder hat dabei seine eigene Sicht auf die Dinge und Geschehnisse die sie umgeben. Die Frage nach der Herkunft und Heimat scheint dabei aber alle gleich zu beschäftigen.

Ein wahnsinnig interessantes Buch, das einen Einblick in das Leben einer kurdische Arbeiterfamilie in Deutschland liefert, die ihre Identität am liebsten verschweigen würde und sich selber als Türken bezeichnen. Die eigentliche Herkunft scheint dabei wie eine offene Wunde über der Familie zu schweben. Die Thematik erinnert an China und Taiwan. Anscheinend hält es die Türkei mit den Kurden genauso und will eine Unabhängigkeit Kurdistans verhindern.

Ich habe aber Zweifel, ob die Personen wirklich so frei leben würden, wie im Buch beschrieben bzw. dass es nicht so einfach wäre. Im Bezug auf Ehrenmorde gesehen, weil Sevda sich von ihrem Mann trennen will. Ansonsten super geschrieben mit viel Einfühlungsvermögen und Witz. Sehr ernst, aber nicht langweilig. Lesenswert!