Die Liebe zur Musik und zu Dresden

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singstar72 Avatar

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Das Buch weiß durchaus gut zu unterhalten. Ich kannte die Autorin bisher nicht, würde mich aber nicht unbedingt nach weiteren ihrer Werke umsehen. Der Schreibstil ist sehr flüssig, teilweise finde ich ihn jedoch zu modern, nicht in die Zeit um 1841 passend. "Sein blaues Wunder erleben"? Sagte man das damals schon? Zufällig weiß ich, dass sich diese Redewendung tatsächlich auf die Stadt Dresden und die Kacheln an einer Brücke bezieht. Aber wie gesagt, der Ausdruck scheint für die Zeit unpassend. Und es gab mehrere solcher Stellen.

Ein wenig enttäuscht war ich auch, weil letztlich die groß angekündigte Semperoper weit weniger vorkommt als gedacht. In weiten Teilen ist es lediglich eine handelsübliche Liebesgeschichte. Es geht um eine damalige Bürgertochter, deren Vater unbedingt an der Hofkappelle spielen möchte, und einem an der Oper angestellten Malergesellen. Alles spricht gegen diese Verbindung, die inneren Kämpfe der beiden Liebenden werden ausführlich behandelt. Die Oper und die Stadt Dresden sind dabei mehr oder weniger Kulisse.

Zugegeben, das Lokalkolorit der Stadt Dresden ist schon recht gut eingefangen. Der vordere Einband enthält sogar eine Karte der Innenstadt. Man kann als Leser die Gänge der Figuren gut nachvollziehen. Auch lokale Köstlichkeiten werden erwähnt, wie die Eierschecke, oder eine "Bemme". Kirchen, Plätze, Straßen, die Bühler Terrassen.

Auch einen Einblick hinter die Kulissen des Opernbetriebs erhält man - welche Dramen sich abspielen, welche Beziehung die Dresdner zu "ihrer" Oper hatten. Wer eigentlich die Fäden zieht. Und dennoch, auch dies erhält im Verhältnis zur Länge des Romans zu wenig Gewicht.

Gewundert hat mich auch die Rolle der Politik. Immer wieder wird von einer Revolution in Sachsen berichtet, die angeblich vorbereitet wird. Auch wird die politische Zersplitterung Deutschlands häufig erwähnt, ebenso wie die Rolle der Zensur, was mir gar nicht bewusst war. Dies lässt mit einiger Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass eine Fortsetzung geplant ist - sonst wäre mir der politische Aspekt des Buches nicht erklärlich.

Mein Fazit bewegt sich im guten Mittelfeld - nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Für Fans der Autorin sicher ein Highlight, ansonsten in Maßen zu empfehlen.