Großartiges Kopfkino aus Musik, Kunst und Liebe vor der Kulisse der Semperoper

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
sommerlese Avatar

Von

Bei Rowohlt Polaris erscheint der neue historische Roman von Anne Stern unter dem verheißungsvollen Titel "Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie".

Dresden 1841: Mit dem Bau des prächtigen königlichen Hoftheaters entsteht ein wahrer Palast für die Musik, der auf der Bühne und hinter den Kulissen mit dramatischen Schicksalen aufwarten kann. Dieser magische Ort verzaubert auch die junge Violinistin Elise Spielmann, Tochter einer Musikerfamilie, die von einer Karriere als Musikerin träumt, damals noch ein undenkbarer Traum für eine Frau. Sie begegnet dem Malergehilfen Christian, beide entwickeln Gefühle füreinander und wissen, eine Beziehung ist wegen ihrer Standesunterschiede nicht möglich. Außerdem wurde für Elise schon ein Bräutigam ausgesucht, der um ein vielfaches älter und gut situiert ist und ihrem Vater den Traum von einem Platz im Theater ermöglicht. Wird sich Elise gegen alle Konventionen und für Christian entscheiden?

In diesem Roman tauchen wir in eine Zeit ein, als Sachsen tief in der politischen Krise steckt, die Bevölkerung an Krankheiten und Hungersnot leidet und sich revolutionäre Kräfte bündeln. Gleichzeitig entwickelt sich Dresden als Stadt der schönen Künste und es werden die Musik und die Malerei gefördert.

Anne Stern malt ein anschauliches und lebendiges Bild des damaligen Dresden und seiner Bewohner und verbindet das Schicksal ihrer Elise wunderbar mit der Entwicklung der Semperoper. Dabei lässt die Autorin den Blick auf die Vorgänge auf der Bühne und hinter die Kulissen schweifen. Wir erleben die zauberhaften Kostüme, die Arbeit der Requisite, der Musiker, Maler und ganz besonders intensiv auch über das Leben der Primaballerina Magdalene Koch und der Kostümschneiderin Bertha. Sie alle lieben den Glanz und die Magie auf der Bühne, aber ihr Leben ist doch voller Schattenseiten, die man intensiv miterleben kann.

Frauen spielten damals noch eine untergeordnete Rolle und hatten kaum Zugang zu Bildung und Musik. Sie wurden nur gefördert, wenn ihre Väter sich dafür einsetzten. Dank ihres Vaters konnte sich auch das musikalische Talent von Elise entwickeln, sie träumt von einer Karriere als Violinistin und setzt sich mit Hartnäckigkeit und persönlichen Zugeständnissen dafür ein.

Christian hat es als Waise schwer gehabt, doch er ist malerisch begabt und möchte Hofmaler werden. Die gesellschaftlichen Unterschiede bereiten ihm Verdruss und allgemein heben sich die Stimmen der Bevölkerung nach einer Revolution, aber noch ist die Zeit dafür nicht reif.

Mir hat es gut gefallen, wie Elises und Christians zarte Liebesgeschichte vor den vielen anderen Hintergrundszenarien abläuft. Ihre Gefühle füreinander sind schon allein durch ihre Vorliebe für die Malerei und Musik eng miteinander verknüpft und ich habe zum Ende auf ein glückliches Ende für die beiden Liebenden gehofft. Dabei sind auch die Probleme der Mitarbeiter am Königlichen Hoftheater eng ins Geschehen eingewoben und man erfährt Intrigen und Skandale.

Anne Stern Figuren entstammen allen Gesellschaftsschichten und sie zeichnet sie gekonnt mit unterschiedlichen Facetten aus und haucht ihnen damit Leben ein. Getragen von einem opulenten und bildhaften Erzählstil taucht man in die Kulisse und die Opernrollen ein, bestaunt die prunkvollen Kostüme und Kleider und erfährt die Namen der Komponisten und ahnt so gedanklich die musikalische Untermalung des Orchesters. Man taucht mit allen Sinnen in die Welt der Oper ein und erlebt Dresdens kulturelle Blütezeit vor der großen Zerstörung.

Dieser Roman lässt ein mitreißendes Kopfkino rund um Musik, Kunst und die Liebe vor der Kulisse der Semperoper entstehen. Ein großartiger historischer Romanauftakt, der neugierig auf die Fortsetzung macht.