Erwachen in der gnadenlosen Realität

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marialein Avatar

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Verena Hofer ist quasi von heute auf morgen arbeitslos, so gut wie pleite und Single. Obendrein ist sie noch für ihre kleine Nichte Amelie verantwortlich, die sie nach dem Tod von deren Mutter adoptiert hat. Verzweifelt greift sie nach dem letzten Strohhalm, der ihr bleibt - eine Stelle auf Gut Wuthenow, wo sie den Neffen der Gutsherrin betreuen soll. Die Jobbeschreibung ist sehr vage, die Konditionen verdächtig gut - und so stellt sie auch am ersten Tag fest, dass die Arbeit ganz anders aussieht als erwartet. Carl, den Verena betreuen soll, ist erwachsen und arbeitet als Profiler als externer Berater der Staatsanwaltschaft und hilft bei der Aufklärung von Verbrechen. Nach einem Mordanschlag auf Carl braucht dieser Unterstützung im Alltag und, wie sich herausstellt, auch bei seiner Arbeit, die er eigentlich gar nicht ausführen sollte. Er hat sein Kurzzeitgedächtnis verloren und zeitweise kleinere Blackouts, die ihn bei seiner Arbeit behindern.

So verschlägt es die beiden denn auch gleich nach Berlin zu einem Termin mit der Staatsanwaltschaft. Ein junger Mann wurde brutal misshandelt und getötet. Der Anblick der Leiche konfrontiert Verena als Literatin mit einer völlig unbekannten Realität, vor der sie bisher wohl behütet war und deren Grausamkeit sie schockiert. Doch grausige Fotos sind erst der Anfang dieser Erfahrung. Auf die junge Frau kommen noch ganz andere Erfahrungen zu, von Kneipenschlägereien über Besuche in Bordell und Leichenschauhaus bis hin zum Kampf um Leben und Tod. Mehrmals fragt sie sich, ob sie dieser Aufgabe gewachsen ist und bleibt dann doch am Ball, was sicher nicht zuletzt daran liegt, dass sie und Carl sich schon bald zueinander hingezogen fühlen. Das Verhältnis zwischen den beiden leidet zwar darunter, dass Carl beim Auwachen alles vergessen hat, was in den vorangegangenen Tagen geschehen ist und Verena gar nicht mehr kennt. Aber die Anziehungskraft, die Verena auf ihn ausübt, erfährt er jeden Tag aufs Neue.

DunkelLand ist definitiv ein spannender Roman, bei dem auch Gefühl und Literatur nicht zu kurz kommen. Ich persönlich fand ihn etwas zu vorhersehbar, da ich mir schon ab der Hälfte denken konnte, wer hinter den Morden steckte und letztlich nur ein paar kleine Puzzleteile fehlten. Dafür ist mir die Parallele zu Fontanes Gedicht völlig entgangen, so dass der schöne "Aha-Effekt", der zu Krimis einfach dazugehört, dennoch gegeben war.

Insgesamt fand ich den Roman im Vergleich mit einigen anderen Krimis, bei denen wirklich jedes Detail irgendwie von Bedeutung ist und eine überraschende Wendung nach der anderen eintritt, nicht ganz so gelungen. So hätte ich zum Beispiel damit gerechnet, dass Carls Kurzgedächtnisverlust eine größere Rolle spielen würde oder Amelie und der Unfall ihrer Mutter näher behandelt werden. Das heißt aber nicht, dass DunkelLand kein gutes Buch ist, es bietet trotzdem gute Unterhaltung und sympathische Charaktere, die sich entwickeln und über sich hinauswachsen. Es ist nichts Außergewöhnliches, aber eine nette Lektüre für zwischendurch.