Ungewöhnliches Ermittlerteam in nicht ganz stilsicherem Krimi

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takabayashi Avatar

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Das ist doch einmal ein ungewöhnliches (und zuerst eher unfreiwilliges) Ermittlerteam: Der aus adliger Familie stammende Profiler, der aufgrund einer Schussverletzung Probleme mit seinem Kurzzeitgedächtnis hat und die junge Literaturwissenschaftlerin in Geldnöten, die gerade Adoptivmutter für die Tochter ihrer verstorbenen Schwester geworden ist, von ihrem Partner verlassen wurde, ihren Unijob verloren hat und als "Kindermädchen" für den Adelsspross eingestellt wurde. Wobei sie Kindermädchen wörtlich verstanden hatte und nicht darauf gefasst war, einen Erwachsenen zu betreuen. Und auch nicht darauf, mit ihm einen gräßlichen Mordfall aufzuklären ...
Der Prolog hätte mich warnen sollen - ich hasse die in letzter Zeit bei zahlreichen Autoren immer populärer werdende Angewohnheit, den Täter selbst sprechen zu lassen! Außerdem handelt es sich um extrem grausame Morde im Berliner Strichermilieu. Ansonsten kommt der Krimi allerdings eher cosymäßig daher, ja hat sogar eine Tendenz zur Liebesschmonzette. Verena Hofer ist hin und weg, als sie zum ersten Mal in Carl von Wuthenows violette (!) Augen schaut.
Ich hatte gemischte Gefühle bei der Lektüre, die anfängliche Begeisterung legte sich allmählich. Das Setting (Gut Wuthenow in Brandenburg) und die Ausgangslage fand ich ganz spannend, auch die übrigen Protagonisten (die Angestellten in Wuthenow, Kommissar und Staatsanwältin) ganz interessant, die Verbrechen waren mir für einen Cosy-Krimi zu grausam (perverse Serienmörder versuche ich zu meiden), die Interaktion der Protagonisten untereinander hatte etwas zu wenig Konflikte und die Verdächtigen kamen aus der Klischeekiste. Alles in allem bin ich hin und hergerissen, werde aber dem sympathischen Ermittlerduo noch eine zweite Chance geben, wenn (falls?) die Serie fortgesetzt wird.