Crime ja – Krimi nein

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aennie Avatar

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Einöde, ländlicher Raum an Rande der Republik, strukturschwach als höflicher Ausdruck für vergessen und verwahrlost. Sammelbecken für den Bodensatz. Dubiose Unternehmen, dunkle Spelunken für Fernfahrer und freiberuflich tätige Damen, Geschäfte, die nur unter dem Radar existieren. Der krasse Gegensatz zu jedem Regionalkrimi in besonders landschaftlich schöner Gegend mit Charme wird hier präsentiert: Achim, Tankstellenbesitzer mit Hang zu Gewalt und Drogengeschäften, Haller und Behrentz, seine Kumpanen, versuchen ins Geschäft zu kommen mit Falco, Zuhälter und Dealer. Ein alter Stollen, die Drogenküche, in der die Ware entstehen soll, und in dem vor kurzem ein Junge zu Tode kam. Dann tritt Richard Dunkel auf den Plan, ein ehemaliger Fremdenlegionär, am Ende nach Einsätzen in allen Ecken Afrikas und sonst auf der Welt, wo Warlords einander ablösen, er soll das Areal um den Stollen im Auge behalten. Der Eigner hat weder Interesse daran, dass irgendjemand auf seine eigenen Machenschaften aufmerksam wird, noch auf weitere mysteriöse Unfälle auf seinem Grund und Boden.
„Dunkels Gesetz“ von Sven Heuchert ist ein Roman, wie ich noch keinen zuvor gelesen habe. Auf 180 knappen Seiten geht es hart zu. Ein Milieu, von dem der Normalbürger meilenweit entfernt ist: die Schmuddeligkeit und Verwahrlosung, das Rohe, Harte, Brutale springt förmlich aus dem Text heraus den Leser an. Drogengeschäfte, Prostitution, Gewalt, Gefängnisaufenthalte – Alltag der Protagonisten, die in ihrer eigenen Sprache agieren und in einer eigenen, fast Parallel-, Gesellschaft leben. Ein Kriminalroman ist Dunkels Gesetz trotz allem für mich nicht. Es geht um kriminelle Handlungen, nicht zu knapp, doch für mich entscheidendes Element ist dann doch auch die Ermittlungstätigkeit, die zur Aufklärung führt. Zwar stellt Dunkel Fragen, und er richtet auch, aber trotzdem ist es für mich etwas anderes: eine Erzählung, hart, sachlich auf eine ganz eigene Art, schnell und fesselnd. Unterhaltsam klingt falsch in diesem Zusammenhang, trifft aber doch zu, denn die Lektüre ist mindestens fesselnd und interessant, wenn nicht faszinierend, nicht beim lesen, aber beim Nachdenken über das Gelesene. Aber: für zartbesaitete Gemüter und Harmoniemenschen vielleicht eher nicht geeignet.