Solide Unterhaltung mit kleinen Nervigkeiten

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kwinsu Avatar

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Die Polizeibeamtinnen Judith und Gudrun werden damit beauftragt, einen 30 Jahre zurückliegenden Mordfall an einer jungen Frau aufzuklären, nachdem es eine neue Zeugenaussage gibt. Alles sieht danach aus, als würde der ursprünglich Tatverdächtige nun endlich dingfest gemacht werden können. Doch dann tauchen neue Hinweise auf und Gudrun, die viele Beteiligte von damals kennt, muss gemeinsam mit Judith ein umfangreiches Lügennetz entwirren.

Jona Thomsen liefert mit "Dunkle Asche" einen soliden Cold-Case-Ostsee-Krimi, der durch den angenehmen Schreibstil, die Zeitsprünge und etliche Wendungen bis zum Ende spannend bleibt. Die zwei Hauptfiguren Judith und Gudrun starten als neues Team und müssen sich erst kennenlernen. Besonders Judiths gute Intuition und kritische Haltung bringen die Entwicklung des Falls gut voran. In das gegenwärtige Geschehen werden ab und an Rückblenden in die Tatzeit und die Gedankengänge des Täters - ohne dass dieser benannt wird - eingeflochten, was die Spannung und das eigene Spekulieren nur fördert. Ich persönlich hatte fast bis zum Schluss jemand anderen in Verdacht und war dann überrascht, als der wahre Schuldige sich enttarnte. Trotzdem ich das Buch gerne gelesen habe, besonders wegen den zwei Ermittlerinnen, gibt es einige Punkte, die bei mir zum Abzug von Sternen führen.

Gudrun ist eine taffe lesbische Frau, die ein Verhältnis mit einer deutlich jüngeren Person beginnt. An sich finde ich es ja super, wenn queere Personen als Figuren auftauchen, ist ja glücklicherweise ganz normal heutzutage. Allerdings wirkte es für mich in "Dunkle Asche" zu unnatürlich, zu gekünstelt, zu gewollt. Außerdem wurde gefühlt hundert Mal die Zweifel Gudruns betont, die sie aufgrund des deutlich jüngeren Alters ihrer Auserwählten hat, das war mir too much. Was mich aber noch mehr gestört, ja teilweise sogar genervt hat, war wie verschiedene Personen beschrieben waren. Fast alle waren übergewichtig und das, weil sie so eine große Last im Leben tragen mussten. Auf weitere Äußerlichkeiten wurde kaum eingegangen und ich habe mich gefragt, was uns der Autor mit diesem oft vergebenen Attribut sagen will. Judith hingegen tritt gestylt im Hosenanzug mit acht Zentimeter hohen Stiefeletten, die ihr natürlich beinahe zum Verhängnis werden, auf, was für mich nicht ansatzweise realistisch ist - sie ist eine polizeiliche Ermittlerin und keine Geschäftsfrau! Klarerweise gibt es dann auch eine schlanke Hausfrau, die von dem Geld ihres Gatten lebt und natürlich trotzdem unglücklich ist, sodass sie trinkt. Die hier gezeichneten Frauenbilder empfinde ich doch eher seltsam, klischeehaft, vorurteilsbeladen und altbacken.

Das schlussendliche Mordmotiv hat mich auch nicht überzeugen können, vor allem weil im kompletten Buch nie ein einziger Hinweis darauf war. Gut, man könnte sagen, dass es der Figur gut gelungen ist, dieses Geheimnis zu verbergen, nichtsdestotrotz war es für mich ob der Dramatik des Traumas einfach nicht glaubwürdig.

Mein Fazit: "Dunke Asche" ist ein solider Ostseekrimi, der durchaus spannend und kurzweilig ist. Durch das komische Frauenbild und das mir nicht nachvollziehbare Mordmotiv konnte er mich aber nicht vollends überzeugen.