Für Fans von Schirach

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Dunkle Momente hatte ich ursprünglich gar nicht auf dem Schirm. Erst durch mehrere äußerst positive Besprechungen fiel es mir auf. Beim Lesen der Beschreibung musste ich als erstes an Ferdinand von Schirach denken. Auch dort gibt es eine Zusammenstellung von Fällen aus der anwaltlichen Praxis.
Elisa Hoven erzählt von der Anwältin Eva Herbergen. Zu Beginn des Buches ist sie dabei, ihre Anwaltszulassung zurückzugeben. In diesem Zusammenhang blickt sie auf die interessantesten Fälle ihrer Karriere zurück. Diese sind unterschiedlichster Natur: Ein Rentner, der in angeblicher Notwehr einen Einbrecher erschießt. Ein ehemaliger Kindersoldat. Ein nie entdeckter Mord. Allen diesen Fällen ist gemein, dass die Lage zunächst völlig klar ist. Doch die Opfer sind häufig nicht so unschuldig wie es scheint, die Täter dagegen meist weniger schuldig als erwartet. Alles ist sehr geschickt aufgebaut und äußerst spannend erzählt. Wie bei Zusammenstellungen von kurzen Erzählungen etc. häufig der Fall, gab es auch hier Geschichten, die ich weniger gut oder zu unwahrscheinlich fand (der zweite Fall und vor allem der fünfte Fall, zu dem die meisten das reale Vorbild kennen dürften). Demgegenüber stehen Fälle, die unglaublich gut beschrieben sind (vor allem der achte Fall) oder extrem zu Nachdenken anregten und auch wütend machten (der vierte und der siebte Fall).
Zu Beginn des Buches fand ich die Rahmenhandlung etwas störend. Wie sie zum Abschluss gebracht wurde, besonders im Zusammenspiel mit dem letzten Fall, war jedoch wieder gelungen. Auch wenn das Buch so spannend war, dass ich einmal fast meine S-Bahn-Station verpasst hätte, blieb bei mir vor allem zu Beginn immer ein wenig der Gedanke, dass die Fälle teilweise ein wenig lehrbuchartig seien. Das ist nicht böse gemeint, es resultiert hauptsächlich daher, dass die Autorin Juraprofessorin ist. Es sind Fälle, die zum Nachdenken und Hinterfragen anregen sollen. Nicht alles ist immer nur schwarz oder weiß, in der Regel gibt es mehrere Seiten. Genau dies darzustellen ist Elisa Hoven hervorragend gelungen.