Großartiges Portrait eines besonderen Mädchens

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Arkadia Fink, 13 Jahre alt, weiß ganz genau was sie will: in einem Knabenchor singen und dadurch berühmt werden. Auf dem Weg dorthin lässt sie sich keine Steine in den Weg legen - weder von ihrem ablehnenden Vater, noch von ihrer Mutter, die nur mal kurz weggegangen ist und schon gar nicht von der Tatsache, dass die kein Knabe ist...

Was für ein großartiges Buch ist Christopher Kloeble hier gelungen! Der Autor schafft es, Arkadia absolut authentisch darzustellen: sie hat Ecken und Kanten, strotzt vor Selbstbewusstsein, ist wütend, durchsetzungsstark, liebt Musik abgöttisch - vor allem Beethoven (der im übrigen eine Frau war) und vor allem kann sie es meisterhaft, die Realität zu verdrängen. Trotzdem sie weiß was sie kann, stößt sie immer auch an ihre Grenzen, trifft aber auf Menschen, die an sie glauben und sie fördern. Gegen jene, die sie nicht so gut behandeln, setzt sie sich gekonnt und durchaus auch boshaft zur Wehr.

Auch wenn Arkadia sehr willensstark ist, ist sie gleichzeitig auch sehr verletzlich. Keiner, wirklich keiner darf ihr gegenüber den Satz: "Deine Mutter ist..." benutzen, denn derjenige erlebt sein oder ihr blaues Wunder, im wahrsten Sinn des Wortes. Ganz offen spielt der Autor mit dem Verdrängungsmechanismus des Mädchens: die Ich-Erzählerin sagt, was nicht so geschah, obwohl es alle so erzählen; sie träumt davon ihren ersten großen Auftritt vor ihrer Mutter zu bestreiten, obwohl die Leser:innen ahnen, dass dies eher unwahrscheinlich ist. Bis zum Schluss ist nicht klar, warum die Mutter nur kurz einmal weggegangen ist, die Auflösung überrascht, ist aber nachvollziehbar und gibt dem starken Charakter Arkadia noch eine weitere Facette.

Meine Stimmung beim Lesen schwankte zwischen amüsiert sein, Bewunderung und Mitleid für dieses besondere Mädchen. Trotzdem ihr schon etliche schlechte Dinge passiert und ihre Eltern das Gegenteil von perfekt sind, zieht sie aus allem positive Kraft. Wird sie auf Fehler hingewiesen, lernt sie daraus und will die Sache umso mehr. Ich konnte mich sehr in die Figur hineinversetzen und wollte ob der Intensität des Textes, der mitreißenden und eindringlichen Sprache, Sätze wie: "Es geht nicht um falsche oder richtige Töne, es geht um starke oder schwache Entscheidungen." (S. 65f.), der Tatsache, dass Arkadia immer wieder das Unmögliche möglich macht und dem Stimmungsmix aus Melancholie, Tiefe, Verdrängung und Hoffnung gar nicht mehr zum Lesen aufhören.

Christopher Kloeble ist mit "Durch das Raue zu den Sternen" ein großartiger Roman gelungen, der definitiv eines meiner Lesehighlights des Jahres 2025 ist. Es ist eine mitreißende und authentische Geschichte, die ermutigt niemals aufzugeben. 10 von 5 Sternen!