Nach dem Krieg ist vor dem Verbrechen

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borstelmaus Avatar

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Etwas mehr als ein Jahr nach dem Ende des zweiten Weltkrieges sind die Menschen dabei, die Trümmer zu ordnen und ins Leben zurückzufinden. Das gelingt jedem ganz unterschiedlich.
Friederike Matthée arbeitet in Köln bei der Weiblichen Polizei, immer in Angst diese Anstellung zu verlieren und in die Obdachlosigkeit abzurutschen, da sie in den Augen ihrer strengen Vorgesetzten nicht gut genug für diese Arbeit ist. Mit ihrer Mutter ist sie in einem Zimmer untergekommen, sehr zur Missbilligung der eigentlichen Wohnungsmieterin, die für Geflüchtete nichts erübrigen kann und dies bei jeder Gelegenheit auch kundtut. Für einen Mord in der Eifel wird Friederike buchstäblich abkommandiert, sie soll einen kleinen Jungen, der die Tat beobachtet hat, zum Reden bringen. An ihrer Seite Richard Davies von der Royal Military Police, der die Ermittlungen leiten soll. Er selbst muss dabei sozusagen als Vertreter der Besatzungsmacht der deutschen Polizei auf die Finger schauen. Friedericke, durch ihre Erlebnisse bei der eigenen Flucht traumatisiert, gelingt es wirklich den Jungen zum Reden zu bringen.
Das ging mir persönlich allerdings doch zu schnell, dort hätte etwas mehr Handlung ausgebaut werden können, um realistischer zu wirken.
Friedericke gewinnt durch diesen Fall dafür langsam an Selbstsicherheit, sie schafft es, eigene Probleme ein wenig in den Hintergrund rücken zu lassen. Sie entwickelt zunehmend Eigeninitiative und Interesse am Mord von Jupp Küppers, da einige Fragen ungeklärt bleiben. Ihre Vorgesetzte ist davon nicht begeistert, kann aber kaum etwas dagegen unternehmen.
Richard und Friederike arbeiten gut zusammen, helfen sich gegenseitig und bilden dadurch zarte Bande zueinander, anfangs teilweise noch widerstrebend. Jeder muss zusätzlich auch mit eigenen Wunden fertig werden, die immer wieder aufbrechen und zerstörerische Kräfte freisetzen. Richard Davies hat unter anderem ganz eigene Interessen bei seiner Arbeit, nach und nach kommen seine Motive ans Licht und bringen gegen Ende auch sehr viel Adrenalin in den Fall rein.

Das Buch ist abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven geschrieben, was es sehr spannend macht. Vor allem die beiden Ermittler werden dadurch gut entwickelt. Auf dem Cover wird angedeutet, dass dies ein Fall für Friederike Matthée wäre, aber eigentlich ist sie gerade am Anfang ja nur als Unterstützung angewiesen worden. Ob das wirklich IHR Fall ist, glaube ich eher weniger. Vielleicht mehr auf der persönlichen Ebene, dass sie sich selbst gern reindenkt und immer mehr Freude an dieser Art Polizeiarbeit entwickelt. Auf jeden Fall wäre es sehr interessant zu wissen, wie es weitergehen könnte.

Zur Jahreszeit hat das Buch super gepasst, da ich es im Januar gelesen habe, konnte ich mich gut in die kalte Zeit hineinversetzen. Das Gefühl, ständig zu frieren und noch dazu Hunger zu leiden, konnte Beate Sauer gut vermitteln. Ganz sicher keine leichte Zeit. Auch menschlich gesehen war mitunter eine Kälte zu spüren, zum Beispiel Flüchtlingen, Ausländern oder Juden gegenüber. So schnell sind Vorurteile und Hass nicht aus den Köpfen zu bekommen.
Abschließend hat mir dieses Buch von Beate Sauer sehr gut gefallen, ich bin gespannt auf weitere Fälle.