Freispruch für einen Mörder?

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kainundabel Avatar

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Was ist Recht? Was Gerechtigkeit? Was zählt mehr: Gesetz oder Moral? Fragen, mit denen sich der Anwalt Hannes Jansen konfrontiert sieht. Er verteidigt im Wiederaufnahmeverfahren einen Polizeibeamten, in dessen Dienstzeit ein senegalesischer Asylbewerber in seiner Zelle verbrannt ist. Während des Schlussplädoyers erhält der Verteidiger ein eminent wichtiges Dokument, das die Schuld des Angeklagten beweist. Hat der Anwalt jetzt das Recht zu schweigen oder ist er zum Schweigen verpflichtet? Darf er als Verteidiger ein Beweismittel unterschlagen, das seinen Klienten überführt?
Diesen Fragen geht der Autor Markus Thiele in „Echo des Schweigens“ nach. Wer einen reinen Justizkrimi erwartet, wird enttäuscht sein. Die spannendsten Stellen des Romans sind zwar in der Tat die unmittelbaren Ereignisse im Gerichtssaal, aber die Geschichte ist weitaus vielschichtiger. So reichen die Handlungsstränge zurück bis in die Zeit der Nazidiktatur und es bleibt zunächst unklar, wie die Fäden später zusammenlaufen werden. Neben dem aktuellen Mordfall erfährt der Leser von einem weiteren aus den Siebzigerjahren, und nach und nach setzt sich wie ein Mosaik die gesamte Handlung und die personellen Verflechtungen und Beziehungen zu einem Ganzen zusammen. Es gelingt dem Autor spannend und abwechslungsreich, alle komplexen Facetten zu beleuchten und den Leser in die Frage nach Gesetz, Recht und Moral einzubeziehen. Zugegeben, manche personellen Verbindungen wirken konstruiert und Kollege Zufall mischt eifrig mit, sind aber für die erforderlichen Konstellationen unerlässlich und tun der Spannung dieses Romans, der auf einem realen Justizskandal basiert, keinen Abbruch.