Überladen, aber lesenswert

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stoepfel Avatar

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Durch die Leseprobe bei "vorablesen.de" wurde ich neugierig und aufmerksam auf dieses Buch.

Der fulminante Beginn versprach einen Konflikt, auf dessen Lösung ich sehr gespannt war.

Weil sich danach weitere Konflikte und Geschichten entwickelten - ein kurzes Pro und Contra.

Für das Buch sprechen sein flüssiger Schreibstil, der Spannungsbogen wird gut gehalten. Cliffhanger an genau den richtigen Stellen erleichtern das Hin- und Herspringen zwischen den Erzählsträngen. Davon gibt es einige, das erfordert am Anfang Konzentration, wird aber besser und die Auflösung ist dann auch klar. Gut erklärt ist für mich auch der Konflikt von Hannes im formalen Korsett des deutschen Steafrechts. Das ist spannend und war mir so bisher nicht bekannt.

Gut gemeint ist aber leider nicht immer gut gemacht. So hat sich der Autor in meinen Augen etwas "verhoben" mit dem Anliegen, dem Ursprungskonflikt noch einen zweiten gegenüber zu stellen und beide miteinander zu vergleichen. Oder das bei der Leserin anzustreben. Zwei moralische Konflikte, wobei der zweite in seiner Zufälligkeit arg konstruiert wirkt und zumindest bei mir viele offene Fragezeichen hinterlässt, drängt den ersten zurück.

Das Buch hätte durchaus Stoff für 2 Romane geliefert. So ist eine Familiensaga mit juristischem Grundkurs draus geworden, die nicht so richtig weiß, was sie sein will. Historischer Roman, Schildern von Schicksalen im Dritten Reich, die Geschichte einer großen Liebe, die auf harte (moralische) Proben gestellt wird? Oder das Anprangern eines Justizskandals?

Schade, dem letzten Punkt hätte ich mehr Fokus gegönnt.

Dass es beim Lesen immer mal einige Längen gibt, weil Gedanken eingeschoben sind oder (unwichtige) Nebenstränge bedient werden, lasse ich als persönlichen Eindruck beim Abwägen unbeachtet, denn das ist Geschmackssache. Ebenso werde ich die Tatsache, wie viele Zufälle ein Roman konstruieren kann und muss, nicht bewerten.

Insgesamt werden es drei Sterne und dennoch eine Leseempfehlung, schon allein, weil das Buch einen immer noch anhaltenden Justizskandal thematisiert und dazu spannende Einsichten in Justizabläufe liefert.