Überraschungshit

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waterlilly Avatar

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Durch den Klappentext hatte ich mich auf ein Buch eingestellt, welches sich hauptsächlich um einen Gerichtsprozess dreht. Tatsächlich ist der Fall Okeke nur ein kleiner Teil des Romans, denn hier wird noch viel mehr erzählt. Es geht um die Pathologin Sophie, die sich auf die Suche nach ihrem Vater macht und verzweifelt versucht zu verstehen, warum dieser sympathische Mann sie und ihre Mutter im Stich gelassen hat. Parallel dazu lernt Sophie den Anwalt Hannes kennen, doch die junge Liebesbeziehung gerät ins Wanken, als sich die beiden im Gerichtssaal begegnen. In Rückblicken wird zudem noch die Geschichte der Jüdin Lea erzählt, die 1941 versucht, Deutschland zu verlassen.

„Echo des Schweigens“ ist vollgepackt mit verschiedenen Handlungssträngen, die sich allesamt sehr fesselnd lesen. Es ist kein Buch, dass man mal eben nebenbei liest. Der Autor fordert seine Leser durchaus und man sollte sich in jedem Fall die Zeit und die Ruhe nehmen, den Roman konzentriert zu lesen. Zum einen um nichts zu verpassen und zum anderen, weil das Buch einfach die volle Aufmerksamkeit verdient. Ich hatte davor einen sehr seichten Roman gelesen und so war der Schreibstil von Markus Thiele sprachlich ein absoluter Genuss.

Auch die optische Gestaltung finde ich großartig. Entfernt man den Schutzumschlag, so findet man darunter ein identisches Motiv mit umgekehrten Farben. Diese Spielerei passt perfekt zur Handlung. Es ist nicht alles schwarz oder weiß. Schwarz kann genauso weiß sein, es kommt auf die Sichtweise des Betrachters an.

Der auf dem Klappentext beschriebene Prozess ist zwar im Grunde nur ein Randthema, aber das Buch beginnt und endet mit diesem Fall der verdeutlicht, dass in einem Rechtsstaat Gerechtigkeit nicht unbedingt bedeutet, dass alles gerecht endet, sondern dass bestimmte Regeln eingehalten werden. Es ist erschütternd und interessant gleichermaßen, dass man von jeder Schuld freigesprochen werden kann, wenn man nur den richtigen Rechtsanwalt hat.

Lange Zeit war mir nicht ganz klar, wie die einzelnen Handlungsstränge nun zusammenhängen. Am Ende wird alles miteinander verwoben, auf eine Art, die etwas zu unwahrscheinlich erscheint, was aber an meiner Gesamtbewertung nichts ändert.
„Echo des Schweigens“ war für mich ein Überraschungshit. Weder vom Autor noch vom Verlag hatte ich zuvor gehört. Das Buch übertraf meine Erwartungen bei weitem und ich vergebe sehr gerne 5 Sterne.