Hochaktueller Politthriller

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mammutkeks Avatar

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Passend in der Hochphase des deutschen Wahlkampfes lag der Thriller „Echokammer“ auf meinem Lesestapel – geht es doch auch hier um Rechtsterrorismus, die Manipulation des Wahlkampfes und Machtstrukturen innerhalb der Parteien. Das Ganze ist in Norwegen angesiedelt und im Bereich der Arbeiterpartei, für die auch eine der Hauptfiguren – Jens Meidell – aufläuft. Er tritt als juristischer Berater auf, hat aber seine ganz eigene Geschichte in der Partei, in der seine Mutter lange Jahre Vorsitzende war.
Die Figur von Jens Meidell ist dann auch diejenige, die am weitesten in die Tiefe geht – bis an seine moralischen und körperlichen Grenzen. Das ist spannend und interessant zu lesen, birgt aber gleich auch eine meiner Hauptkritiken an „Echokammer“: Genau diese tiefergehenden Personenzeichnungen sind vielfach nicht da – und leider auch nicht beim Ermittler:innenduo aus Liselott Benjamin und Martin Tong.
Die Terrorermittlungen sind wie die Ränkespiele im Wahlkampf gut erzählt und folgen einer Chronologie von 35 Tagen vor der Wahl bis hin zur Wahlnacht. Die Kapitel sind relativ kurz – haben aber auch häufiger gewisse Längen, bei denen der Lesefluss zum Erliegen kommt. Die unterschiedlichen Handlungsstränge lassen sich aber einigermaßen gut unterscheiden – und mit längerer Lektüre werden dann auch die Verknüpfungen deutlich.
Thematisch ein absolutes Highlight, sprachlich und von der Personengestaltung gibt es noch üppig Luft nach oben. Die Ausstattung mit dem gelben Farbschnitt hat sich mir nicht erschlossen – und war für mich auch nicht nötig.