Tragikomisch ...

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kainundabel Avatar

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… nennt man bekanntlich Ereignisse, die Tragisches mit Komischem verbinden. Und genau damit kommt Wolf Haas in seinem neuen Buch daher. Schon skurril, dass seine 95-jährige Mutter zeit ihres Lebens immer wieder betonte, wie schlecht es ihr doch gehe und jetzt, drei Tage vor ihrem Tod, plötzlich erstmals behauptet, es gehe ihr gut. Wie reagiert man als Sohn darauf, der davon überzeugt ist, dass die Erinnerungen an seine Mutter trist sein und nur aus „lauter so Armutssachen und Depressionsgeschichten“ bestehen werden? Was antwortet man auf die Frage der alten Frau, wie es ihrem Vater gehe? Die lakonische Antwort des Sohnes, begleitet von seinen Zweifeln, ob er eine solche Antwort geben dürfe, und überhaupt seine Art der Sterbebegleitung lassen mich beim Lesen grübeln, schmunzeln, irritiert innehalten, befreit lachen. Dieser Wechsel von Tragik und Komik macht den Reiz dieser Mutter-Sohn-Beziehung aus, die Wolf aus seiner Perspektive reflektiert, immer wieder unterbrochen vom O-Ton der Mutter. Dabei erweist sich der Autor als sehr persönlich, offen, ehrlich und schonungslos gegenüber seiner Mutter, die „nicht mit den Leuten konnte“ und keine Hemmungen hatte, sie aufs Gröbste zu beleidigen. Eine zwiespältige Person, die sich zunehmend zur „spinnerten Alten“ entwickelte, nachdem sie ihren Traum vom eigenen Haus als ihr Eigentum aufgegeben hatte und die Mietwohnung kaum noch verließ. Ein eher ungewöhnliches Schicksal, eine sehr ambivalente Beziehung und gerade deshalb ein lesenswertes Buch.