Was uns weitertreibt

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honigbuch Avatar

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Ein langes Leben ist nun vorbei. Doch war es erfüllt? Ja, es war erfüllt von einem Wunsch, der nie in Erfüllung ging- Eigentum zu besitzen. Wolf Haas schreibt ein sehr persönliches Buch, über sein 1923 geborene Mutter. Angetrieben von dem Wunsch ein Haus oder Wohnung ihr eigen nennen zu können, kämpft sie sich durch die unterschiedlichsten Arbeitsstellen und sammelt so immer mehr Wissen und Können an. Und auch Geld kann sie durch viel Sparsamkeit anhäufen. „Doch dann kam die Inflation und das ganze Geld war weg!“ Ist ein Satz, der sich durch das schmale Büchlein schlängelt und an vielen Stellen seinen Kopf herausstreckt. Verbittert und hart ist die Mutter über die Jahre geworden. Immer in der Erkenntnis bis zum Tod hinter einem unerfüllten Wunsch hinterhergejagt zu sein. Überraschend vertraut war mir diese Jagd doch aus meiner eigenen Familiengeschichte. Generationen, die sich abmühten, vom Munde absparten und denen doch am Ende nichts übrig blieb außer Resignation. Und wie ist es mit uns? Die wir auf die nächste Beförderung hoffen, auf mehr Gehalt und die Wünsche, die man sich damit erfüllen kann und dann erschrocken feststellen, dass die Inflation am Ende nicht mehr übriglässt als vorher. Es ist nur ein kurzer Einblick, den wir von den vielen Jahrzehnten Leben der Mutter erhaschen können, und doch reduziert auf das eine große Dilemma des Lebens, nämlich nie genug zu bekommen zu haben und zu besitzen. Und während der eine Verbittert ist, ist dies vielleicht gerade das, was den anderen weitertreibt.