Klare Sprache - unklare Situation - was wird gesagt, was verschwiegen?

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frischelandluft Avatar

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Ich mag die klare, schnörkellose Sprache, dass die Erzählerin direkt in medias res geht. So scheint sie mir, der Leserin, gegenüber zu sitzen und offen von ihrer Familie zu erzählen. Mir kommt die Situation sehr bekannt vor. Sie hat mit ihren Eltern gebrochen, vor allem wohl mit ihrem Vater, mit dem sie anscheinend seit Jahrzehnten gar keinen Kontakt mehr hat. Es gibt Vorwürfe und Anrufe, Aufforderungen, sich mal wieder sehen zu lassen, wenigstens zu runden Geburtstagen. Bei mir waren es ein Onkel und eine Tante, zu denen ich den Kontakt komplett abgebrochen hatte. Einige in der Familie fanden das kleinlich, andere nachtragend und ungezogen, keiner konnte wirklich nachvollziehen, warum es sein musste. Hier scheint es ähnlich zu sein. Wissen die Kinder der Erzählerin, warum sie ihre Eltern nicht mehr sehen will? Geht sie offen damit um? Wissen ihre Geschwister alles oder gibt es ein Geheimnis, das alle als solches akzeptieren? Ich möchte sehr gerne weiterlesen, ich bevorzuge weibliche Erzählerinnen oder Protagonistinnen, aus deren Perspektive eine Geschichte erzählt wird, meist sieht eine Geschichte aus ihrer Perspektive anders aus, als die der Gesellschaft präsentierte und von ihr akzeptierte Version. In der Kurzbeschreibung steht, dass der Roman in Norwegen einen Skandal um die Wahrhaftigkeit von Literatur ausgelöst hätte – das macht mich noch neugieriger – die Macht des Wortes und der Literatur ist ein Thema, das mich immer reizt.