Bedrückendes Thema

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
irislobivia Avatar

Von

Was ist passiert, dass eine Tochter, wenn der Vater stirbt, die Mutter einen Selbstmordversuch macht, auch weiter dabei bleibt, jeden Kontakt zur Familie und den Geschwistern zu vermeiden. Wie schlimm ist das, was
Wie schlimm muss eine Familie sein, wenn man auch nach dem Selbstmordversuch der Mutter jeglichen Kontakt ablehnt – und das seit 23 Jahren? Was ist passiert, habe ich mich schon auf den ersten Seiten gefragt. Ist Vigdis Hjorths Icherzählerin eine Frau mit kaltem Herzen? Der Vater ist tot, die Geschwister streiten ums Erbe, werden gegeneinander ausgespielt. Bergljot ist das alles egal. Ist es das wirklich? Nein, die Wunden sind einfach nur zu tief, nicht verheilt, die Gefahr groß, dass sie wieder aufbrechen und an den Rändern noch weiter nach außen mäandern. Erst allmählich kommt man dahinter, was passiert ist – und das ist schlimm. Bergljot wurde als 5-Jährige von ihrem Vater missbraucht, die Mutter war zu schwach – nicht nur zu schwach, etwas zu unternehmen, auch zu schwach, ihr zu glauben. Wie sehr das Mädchen gelitten hat, kann man nur erahnen. Zeit ihres Lebens schleppt sie den Missbrauch mit sich herum, kann sich nicht davon erholen. Da ist nicht nur der übergriffige Vater, der Unbeschreibliches tut, da ist auch der große Vertrauensbruch in der eigenen Familie, die beschützen und ein Ort sein sollte, an dem man sicher ist. Sensibel erzählt Vigids Hjorth eine Geschichte um Missbrauch und den Bruch frühkindlichen Vertrauens, Unverständnis bei der Mutter – denn irgendwann müsse man ja verzeihen können. Nein, muss man nicht, wenn man weiterleben will. Das Cover ist sehr gut gewählt. Es zeigt Menschen, die zwar zusammen, aber dennoch allein sind, was sich aber erst auf den zweiten Blick erschließt – so ähnlich wie der Roman.
Vigdis Hjorth hat ein sensibles Buch über ein Tabuthema geschrieben, an dem eine Familie zerbrochen ist, eindrucksvoll erzählt, ein Buch, das in den Bann zieht, ein Buch, das man nicht so schnell vergisst.