Kurztrip nach Horror-London

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la tina Avatar

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Nachdem ich bisher nur düstere Fantasy des Autors kenne, war ich auf seinen Thriller gespannt, der nicht minder düster ausfällt. Tatsächlich entwickelt sich der Roman schnell zu einem brutalen Endzeit-Szenario, in welchem ein halbes Dutzend Erwachsener ohne Erinnerungen an ihre Vergangenheit auf einem Militärboot erwacht. Mit einem tätowierten Namen auf dem Unterarm und Fachwissen zu den unterschiedlichsten Bereichen ausgestattet erhalten sie nach und nach Anweisungen und Hilfsmittel via Satellitentelefon, durch welche sie in ein London gelangen, welches mit der heutigen Version nur noch wenig gemein hat. Und mit einem Feind, welcher einem Albtraum entsprungen scheint.
Stilistisch schreitet Anthony Ryan in seinem Roman schnell voran, hält sich nicht lang mit unnötigen Details oder Erklärungen auf und verzichtet auf Vor- und Nachspiel. Seine ProtagonistInnen sind ebenfalls erstaunlich schnell aufs Handeln fokussiert, Erkenntnisse und Vermutungen werden manchmal schon etwas vorschnell als Fakt akzeptiert. Und dennoch ist das Grauen spürbar, trotz des reduzierten, dafür manchmal erschreckend direkten Stils. Wer zum Kopfkino neigt könnte das Buch ab einem gewissen Punkt auch als Horror-Thriller bezeichnen, ein Teil des Grauens spielt sich beim Lesen zusätzlich im Kopf ab.
Auch wenn der Roman erstaunlich kurz ausfällt (eher wie eine Horror-Novelle) und der Autor auf allzu viele Ausschmückungen verzichtet, empfand ich die Bedrohung und das Grauen als ausreichend spürbar. Stellenweise knallhart und direkt, darf man sich auf einen etwas anderen Kurztrip in eine Horrorversion Londons freuen.