Ein Krimi verpackt in ein historisches Pulverfass

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buchling zamonia Avatar

Von

Das Cover des Krimis "Ein Giro in Triest" von Christian Klinger ist auf Pressspan gedruckt worden. Was für eine tolle Idee, das Buch fühlt sich dadurch ganz anders an. Die Analogie "es wiegt schwer" kommt mir in den Sinn, was thematisch nur zu gut passt.

Das Titelbild mit einem einsamen Spaziergänger in einer nächtlichen Gasse, mit viel Schwarz, verursacht ein Gefühl von Beklemmung und drohender Gefahr.

Die Handlung des Buches spielt sich innerhalb weniger Tage ab, kurz vor dem Attentat auf den Thronfolger und seine Frau in Sarajevo am 28. Juni 1914, und die ersten Tage danach.

Der Kriminalfall (Ermordung eines Soldaten und Entführung der Leichen von Franz Ferdinand und Sophie) gibt lediglich den Rahmen vor. Der Autor schildert gekonnt die Spannungen im damaligen Pulverfass Balkan, die Probleme, die der Vielvölkerstaat verursachte sowie die Bestrebungen einiger Menschen, ihre "eigene Nationalität" zu ehren, anstelle der auferzwungenen österreichischen Nationalität.

In diese angespannte Atmosphäre setzt er den deutsch-italienischen Ermittler Gaetano Lamprecht, der sich auch selbst im Verlauf der Handlung Gedanken zu seinem Nationalstolz macht.

Natürlich hat Gaetano auch privat seine Probleme, seine eigene, unglücklich verlaufene erste Liebe, die erstmals verliebte kleine Schwester, Konflikte mit seinem Vater, sowie sein damals verpöntes Hobby, das Radrennen, das sich im Titel wiederfindet.

Das alles wird im Buch mit Liebe zum Detail behandelt. Leider scheint der Autor mittendrin den Drang verspürt zu haben, zum Schluss zu kommen. Nach einem ausführlichen Beginn, wo der Leser in das Thema geführt wird, folgen im letzten Drittel so viele "Actionszenen" nacheinander, das es unglaubwürdig wirkt.

Die Sprache ist den damaligen Gepflogenheiten angepasst, einzelne Wörter musste ich nachschlagen, das tat dem Lesegenuss aber keinen Abbruch, sondern verstärkt die Authentizität.

Ein paar private Probleme weniger, und ein etwas entschleunigter "Endspurt" würden der Handlung gut tun. Insgesamt hat es mir aber doch so gut gefallen, das ich einen weiteren Teil mit Gaetano Lamprecht lesen würde.