Mallorca, Sonne, Spannungen und Lust

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lale1972 Avatar

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Nach der Leseprobe habe ich mich sehr auf das Buch gefreut, aber es konnte meine Erwartungen nicht erfüllen. Helen Walsh erzählt die Geschichte von Jenn, die wie jedes Jahr mit ihrer Familie nach Mallorca in ihre geliebte Villa Ana fährt. Die erste Woche ist sie mit Greg, ihrem Mann, alleine dort, dann jedoch kommt Emma, ihre fünfzehnjährige Stieftochter mit ihrem ersten Freund Nathan nach. Ihr graut vor dieser zweiten Woche, weil ihr der Urlaub heilig ist und sie sich durch den fremden Eindringling schon vor dessen Ankunft gestört fühlt.
Die Ankunft der Zwei gestaltet sich von Beginn an problematisch, da Emma und Jenn eine schwierige Zeit miteinander haben, die sich durch die Begleitung ihres Freundes nicht einfacher gestaltet. Zwischen Nathan, siebzehn Jahre alt, und Jenn entsteht seit dem ersten Zusammentreffen jedoch eine erotische Spannung, wobei nicht genau geklärt wird, woher die genau rührt. Wie sich das Ganze entwickelt, will ich dem geneigten Leser nicht vorher nehmen.
Die Charaktere sind alle irgendwie ein bisschen seltsam, so konnte ich mich mit niemandem richtig identifizieren. Jenn und Greg sind zwar glücklich miteinander, aber es stehen doch Sachen zwischen ihnen, zum Beispiel, dass Jenn immer ein eigenes Kind haben wollte, fehlendes Vertrauen seinerseits, weil er ihr seine Probleme verschweigt, dass Greg Jenn bei vielen Punkten bezüglich Emma ausschließt. Jenn hat ein Problem mit Emma, weil Emma einerseits typisch pubertär ist, andererseits immer zwischen ihr und Greg steht, zudem ist sie auch eifersüchtig auf Emmas Jugend, ihren Körper, ihre Freiheit. Emma wird die ganze Zeit sehr egoistisch und dümmlich-verliebt dargestellt, jedoch ist sie gar nicht so, sie ist sogar sehr einfühlsam und mitdenkend für ihr Alter. Nathan ist für mich nicht richtig einzuordnen. Bevor Jenn ihn kennenlernt, wirkt er schüchtern und ruhig durch die Erzählung, dann entpuppt er sich als nimmersatter, egomanischer Aufreißer, der mit allen spielt, sie manipuliert. Aber er hat ja als Einziger von diesem Quartett nichts zu verlieren, was von Belang wäre. Für die anderen Drei steht ihre Familie, ihre Zukunft auf dem Spiel. Von Jenns Sicht her, ist das ganze Spiel nicht nachvollziehbar für mich. Begehrt zu werden ist das eine, dieses Begehren inmitten ihrer Familie auszuleben das andere. Dann ist die Wahl der Partners auch nicht nur ein allgemeiner Betrug, sondern noch insbesondere moralisch verwerflich, da Nathan der Freund ihrer (Stief-)Tochter ist. Zudem ist es für sie nicht eine einfache, erotische Affäre, nein, sie ist eifersüchtig und verletzt. Vielleicht ein interessantes Thema, aber in der Art, wie es hier dargestellt wird, finde ich es reichlich abstrus. Und die Art, wie die Sex-Szenen dargestellt wurden, war für meinen Geschmack nicht erotisch, sondern platt und derbe.
Zudem fand ich auch die Erzählart schwierig. Es beginnt wie ein leichter Urlaubsroman, tolle Eindrücke von Mallorca, insbesondere von Deià, Sonne, Strand, Touristen, Essen, Zitronen und Oliven. Auch die Story um Jenn und Greg, die Schwierigkeiten mit Emma, ist am Anfang noch interessant, später aber wird das Ganze unübersichtlicher, oft musste ich nochmal zurückblättern und erneut lesen, ob ich das richtig verstanden hatte. Und doch blieben viele Fragen. Seit wann weiß Emma, dass Jenn nicht ihre Mutter ist? Erst seit dem Streit mit Jenn? Warum sagt sie dann vorher immer schon Jenn und nicht Mum in bestimmten Situationen? Wie ist die Stimmung am Ende im Auto? Einmal hat Greg den finsteren Blick, dann fährt er lächelnd zu Pacos Bar. Oft stand einfach nur ein "Warum?" auf meiner Stirn. Insgesamt war es nicht mein Buch und auch das Cover hätte mich eine schöne Urlaubslektüre erwarten lassen, aber das Buch ist schon sehr problembeladen, ohne tiefschürfend zu werden. Leider kein Buch, dass ich meiner Freundin empfehlen würde.