Sommerhauch

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sago Avatar

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Um es gleich vorweg zu sagen: Leider konnte mich das Buch nicht so überzeugen wie erwartet. Helen Walsh weiß durchaus zu formulieren und die Gefühlswelt ihrer Protagonistin Jenn regelrecht zu sezieren. Trotzdem blieb der Roman teilweise an der Oberfläche, und das hastig erzählte, zum Teil offene Ende hat mich doch ziemlich enttäuscht. Das Ganze blieb quasi luftig und schnell vorüberziehend wie ein Sommerhauch.
Wie jedes Jahr machen Jenn, Mitte vierzig, und ihr älterer Ehemann Gregory Urlaub in einer gemieteten Villa auf Mallorca. Diesmal ist nicht nur Jenns fünfzehnjährige Stieftochter Emma mit dabei, sondern auch ihr erster Freund, der 17jährige, im Gegensatz zu der Familie aus sehr einfachen Verhältnissen stammende Nathan. Gegen ihren Willen verfällt Jenn immer mehr der Anziehungskraft des attraktiven jungen Mannes. Dabei blieb Nathan für mich als Leserin relativ blass und bis zum Ende nicht wirklich greifbar in seinem Charakter, weswegen ich die amour fou auch nicht ganz nachvollziehen konnte. Viel besser geschildert fand ich das ambivalente Verhältnis von Jenn zu ihrer Stieftochter, die sie seit dem Babyalter aufgezogen hat. Hier mischen sich Liebe, Pubertätskonflikte und das Gefühl, für Emma auf ein eigenes Kind und vieles andere verzichtet zu haben. Die Beziehung der beiden rückte für mich eigentlich immer mehr in den Vordergrund, was zwar auch interessant war, aber gar nicht dem entsprach, was ich anhand des Klappentextes erwartet hatte. Mir persönlich waren auch die Sexszenen zwischen Jenn und Nathan zwar nicht zu drastisch, wohl aber teilweise die Wortwahl. Ich brauche keinen literarischen Blümchensex, aber mir missfällt einfach Gossensprache.
Zwischendurch hat mich immer wieder das Mitleid mit Gregory gepackt, der seiner Frau einfach nichts mehr recht machen kann. Im Laufe des Romans stellt sich heraus, dass er sogar seine Professur verloren, aber nicht gewagt hat, es Jenn zu gestehen. Wie es für das Ehepaar schließlich weiter gehen wird, darauf muss sich jeder Leser seinen eigenen Reim machen, die Autorin leistet hier wenig Hilfestellung. Am meisten gestört hat mich aber, dass für mich persönlich der Funke zu Nathan einfach nicht übergesprungen ist.