Eine immer noch aktuelle Problematik
Mir gefällt der sachliche, journalistische Stil, in dem der Roman geschrieben wurde. Das klingt nicht weinerlich oder verzweifelt, sondern faktisch. Ich kenne Virginia Woolfs Essay und denke oft, dass er immer noch aktuell ist. Geht es uns nicht fast allen so, dass wir kein Zimmer für uns haben, um kreativ zu sein oder dass wir die ganze Wohnung, das ganze Haus mit der ganzen damit verbunden Verantwortung um uns herum konstant fühlen, wodurch wir uns Zeit freischaufeln müssen, in der wir dann kreativ sein müssen, um sie effizient zu nutzen? Das funktioniert so natürlich nur sehr selten. Meine besten Ideen kommen mir beim Putzen, beim Autofahren oder nachts um drei Uhr. Bis jetzt habe ich noch nie unterbrochen, was ich gerade gemacht habe, um etwas zu schreiben oder zu malen. Ich habe viele Notizbücher mit Ideen, mit der Zeit schäme ich mich vor ihnen, dass ich nie etwas damit gemacht habe und zweifle daran, dass ich zu mehr in der Lage bin als zu Ideen. Ich kann so nachvollziehen, dass die Protagonistin weg und raus muss aus diesem Trott, kann so sehen, wie ihr Mann und ihre Kinder ihre Sehnsucht nicht ernst nehmen, wie sie sich Seelenverwandte in Kunst und Literatur sucht, Patti Smith, Pablo Neruda, Marguerite Duras, John Le Carre… Ist es nicht auch typisch Frau, dass man sich nicht traut zu sagen, dass man einfach ein Haus für sich kaufen will? Weil die Gesellschaft erwartet, dass man als Mutter immer zuerst an die Familie denkt oder weil man auch gegenüber der Familie ein schlechtes Gewissen hat, weil es sich wie Verrat anfühlt? Sie kauft sich also ein Haus in Südfrankreich, ich würde gerne weiterlesen, ob bzw wie es ihr gelingt, dort ihre Stimme zu finden und zu fokusieren, was ihre Familie dazu sagt, wie sie sich weiterentwickelt. Ich hoffe, es gelingt ihr, hoffe auf Rückbestätigung, dass man es einfach wagen muss und dass es funktionieren kann. Ich würde mich sehr über ein Exemplar des Romans freuen.