Beginn super, Schluss weltklasse, dazwischen ausbaufähig

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leseleo Avatar

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"Ein seltsamer Ort zum Sterben" wird mit einem wunderbaren Bild geschmückt, welches den Verlauf der Geschichte widerspiegelt, ohne eine einzelne Szene der Story darzustellen. Sowohl der Klappentext, als auch die abgedruckten Rezensionen/Meinungen machen Lust auf das Buch und laden zum Lesen ein.
Die ersten Seiten des Buches kamen mir zunächst etwas langatmig vor. Das Leben des kauzigen Seniors Sheldon wird beschrieben, wobei schon am Anfang deutlich wird, dass er relativ häufig an die Vergangenheit denkt. Wunderbar ironisch und real werden die Spannung zwischen Sheldon und seiner Tochter beschrieben, vor allem die flotten Dialoge der beiden sind absolut klasse.
Mit Beginn der Geschichte um den kleinen Jungen kommt Spannung in die Story. Sowohl die Ermordung der Mutter, als auch die ersten Schritte der Flucht lesen sich flüssig und man saugt die Seiten förmlich auf. Der Beginn ist spätestens ab dem zweiten Kapitel kurzweilig und super gelungen.
Nachdem die ersten Schritte der Flucht gelungen sind, verliert das Buch ein wenig an Spannung und Lesefluss. Im Mittelteil liegt der Schwerpunkt der Geschichte leider ein wenig zu sehr bei der Vergangenheitsbewältigung von Sheldon. Da der kleine Junge nicht spricht, liest man sich von einem Selbstgespräch/Traum zur nächsten Vergangenheitsvision von Sheldon. Dies las sich meiner Meinung nach ein wenig zu langatmig, bei zu geringem Fortschritt der eigentlichen Geschichte. Da hätte man die Flucht doch etwas interessanter gestalten können. Leider fehlen im Mittelteil auch ein wenig die Dialoge mit Menschen der "realen" Welt. Auf diese Weise geht die wunderbare Ironie ein wenig verloren. Die Kriegsgeschichten/Visionen haben einfach nicht das Potential des 82-jährigen Sheldons...
Nachdem sich der Leser durch den Mittelteil und somit durch Korea und Vietnam "gekämpft" hat, erwartet ihn ein furioser und grandios Schluss. Auf den letzten 60 - 70 Seiten gelingt es Miller den Leser endgültig zu fesseln. Sheldons Handlungen, seine Gedanken sowie die Ereignisse sind wahnsinnig gut beschrieben. Die drei unterschiedlichen Handlungsstränge laufen bravourös zusammen und der Leser sitzt beim letzten Wort des Buches förmlich mit offenem Mund vor dem Buch. Klasse!
Alles in allem ist "Ein seltsamer Ort zum Sterben" ein gutes, aber aufgrund des Mittelteils kein herausragendes Buch. Der Beginn und der Schluss sind absolut spitze und prägen das Buch. Leider geht mit Verlauf des Buches die hervorragende Dialogfertigkeit von Sheldon ein wenig verloren. Gerade die super Dialoge mit seiner Tochter hätten in irgendeiner anderen Form dem Verlauf des Mittelteils gut getan. Insgesamt gesehen überwiegt am Ende des Buches aber das positive Gefühl. Der Schluss hat hier "die Kohlen aus dem Feuer geholt".