Kein Sommerroman - trotz Südkalifornien

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corsicana Avatar

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Titel und Cover lassen einen heiteren Frauen-Sommer-Roman erwarten. Aber zum Glück hatte ich eine Leseprobe gelesen. Und so wusste ich, was ungefähr auf mich zukam. Und ich muss sagen, dass das Buch mich ziemlich verstört zurück gelassen hat. Denn im Endeffekt ist vieles noch schlimmer als erwartet. Es gibt aber auch Hoffnungsschimmer und schöne Gefühle - also ein sehr wechselhaftes Lese-Vergnügen.
Und immer noch weiß ich nicht, ob ich das Buch jetzt richtig gut finden soll - oder doch eher nicht. Aber eins ist das Buch auf jeden Fall: Beeindruckend dafür, dass es ein Debüt ist.

Und nun zum Inhalt:

Südkalifornien, Corona del Mar. Das klingt nach Sonne, Strand und unbeschwertem Leben. Aber in der Gegend, in der die beiden Freundinnen Lorrie Ann und Mia wohnen, sind die Menschen eher am amerikanischen Traum vorbeigeschrammt. Keine Suburbia-Idylle mit gepflegten Rasenflächen, Mittelklasseautos und Ausflügen zum Strand. Nein, hier wohnen die Menschen in beengten Wohnungen, die Eltern sind meistens geschieden und die Mütter halten ihre Familien mit Jobs als Friseurin, Kindergärtnerin oder Kellnerin über Wasser.
Und an den Strand geht während des gesamten Romans niemand.

Aber die beiden Freundinnen kennen es nicht anders, sie arrangieren sich. Lorrie Ann wohnt mit ihren Eltern und ihrem Bruder in einer winzigen Zweizimmer-Wohnung, Ihr Bruder schläft immer auf dem Balkon (ja, das geht immerhin in Südkalifornien) und sie hat sich mit einem Moskitonetz ihr Bett im Wohnzimmer abgeteilt. Mia wohnt nicht so beengt, muss sich jedoch meist alleine um ihre beiden kleinen Halbbrüder kümmern, denn ihre Mutter verbringt die Abende zunehmend mit Rotwein-Trinken.

Am Anfang ist Mia 15 und ungewollt schwanger. Sie wird das Baby abtreiben und sich den kleinen Zeh mutwillig zertrümmern, damit sie sich von dem Eingriff erholen kann. Lorrie Ann unterstützt sie. Überhaupt gehen die beiden Freundinnen gemeinsam durch dick und dünn. Die Rollen sind verteilt: Lorrie Ann ist die Gute: Blond, hübsch und immer korrekt. Mia ist frech-burschikos und nimmt es mit der Ehrlichkeit nicht immer so genau.

Aber am Ende der Highschool wird es Mia sein, die nach Yale geht, studiert und promoviert und Stipendien bekommt. Und Lorrie Ann wird schwanger sein, heiraten und einiges an Schicksalsschlägen zu verkraften haben.

Und irgendwann steht Lorrie Ann mit Drogen zugedröhnt und abgerissen vor Mia. Was ist passiert? Wie konnte sich alles nur so entwickeln?

Mia ist verzweifelt, sie hat Lorrie Ann immer auf ein Podest gehoben, sie für den besseren Menschen gehalten, sie hat immer gedacht, dass Lorrie Ann das Glück verdient und sie selbst nicht. Hat sie eventuell falsch gedacht?

Manchmal ist das Leben eben so, wie es ist. Manches Unglück passiert, manchmal fangen sich die Menschen aber auch wieder und bekommen ihr Leben in den Griff. Und Glück kann ein Mensch sich nicht verdienen, es kommt oder es kommt eben nicht. Das ist ein wenig die Aussage des Buches.

Die Geschichte der Freundinnen wird in vielen Rückblenden erzählt. Und nicht alles wird auserzählt. Vieles ist sehr traurig, zwischendurch fiel es mir schwer, die Geschichten auszuhalten. Aber dann gibt es auch wieder kleine Szenen, die von Liebe und Zuneigung zeugen. Und die kleinen Sonnenstrahlen im Leben zeigen.

Insgesamt ein eher "schweres" Buch, dass die Menschen zeigt, die nicht den Amerikanischen Traum leben. Sondern das normale amerikanische Leben, inklusive mangelnder Krankenversicherung, mangelndem Kündigungsschutz und schlechtem Bildungsniveau.

Hoffentlich findet dieses Buch die richtigen Leser. Wer nämlich aufgrund des Titels und des Covers ein leichtes Buch für den Strandurlaub sucht, wird sicherlich enttäuscht sein. Wer aber einen Einblick ins reale Leben bekommen möchte - für den ist das Buch eine Entdeckung.