Unter der Oberfläche stellt sich vieles ganz anders dar

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borstelmaus Avatar

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So auch dieses Romandebüt von Rufi Thorpe: außen ein an Pop-Art angelehntes Cover, der leicht dahingeworfene Titel „Ein Sommer in Corona del Mar“ und ein flüssiger Klappentext. Wer aber tiefer in diesen Roman eintaucht, wird einiges an Überraschungen erleben.

Dieser Roman geht wirklich an Herz und Nieren, er berührt das Innerste. Rufi Thorpe schreibt mit Worten, die so intensiv nachhallen, dass man es erst einige Zeit später realisiert. Dann aber umso erschreckender, ergreifender und ungläubiger ob der Wucht, mit der diese scheinbar federleichten Aussagen daherkommen.

Wann ist eine Freundschaft eine echte Freundschaft? Was ist normal und ist meine Definition von Normal das richtige, das echte Normal? Was die Freundschaft von Mia und Lorrie Ann betrifft, verlagern sich die Sympathien mal auf die eine, mal auf die andere Seite, je nachdem, inwieweit neuer Einblick in die Gedanken und Gefühle der beiden Protagonisten gegeben wird. Außerdem werden weitere, an die Substanz gehende Fragen aufgeworfen: Was verdiene ich an Gutem im Leben? Verdiene ich eine glückliche Familie? Verdiene ich eigene Gesundheit oder gesunde Kinder? Und wenn dem nicht so ist, bedeutet das, mir wurde eine Buße auferlegt? Was macht eine gute Mutter aus? Wie weit darf sie an sich denken? Kann ich meinen Erinnerungen und meiner Intuition vertrauen? Es werden so viele grundlegende Fragen, Meinungen und Widersprüche aufgeworfen, dass jede ihre eigene Wahrheit und Berechtigung zu haben scheint.

Nach und nach wird die Beziehung von Mia und Lorrie Ann seziert, dabei treten etliche scherzhafte Ereignisse, körperliche, seelische und emotionale zutage. Dies als Leser mitzuverfolgen ist nicht immer leicht, hat mich aber sehr berührt. Da war an Gefühlen alles dabei: herzliches Lachen, ungläubiges Staunen, aufwallende Wut, entsetztes Luftholen und das Gefühl, sich in einem ständigen Auf und Ab zu befinden.

Deshalb gebührt meiner Meinung nach auch der Übersetzerin Beate Brammertz ein großes Lob, das war sicher keine leichte Arbeit, diese Konflikte, die intensiven und widersprüchlichen Gefühle und Stimmungen so super rüberzubringen.

Auch wenn der erste Eindruck vielleicht einen heiteren, entspannten Roman erwarten lässt und man deshalb enttäuscht sein könnte, lohnt es sich doch, diesem eindringlichen Debüt von Rufi Thorpe eine Chance zu geben und auf sich wirken zu lassen!