Vorhersehbare Romanze

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Die Leseprobe von "Ein Zimmer über dem Meer" von Dana Paul sprach mich ebenso an wie das Cover des Buches, das einen Leuchtturm und ein Cottage auf den schroffen Felsen zeigt.

Die Geschichte handelt von Kim, deren Verlobter bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt. Jake war ein erfolgreicher Surfer, der das Meer so sehr liebte, wie es Kim Unbehagen bereitete.

Kim beschließt daraufhin, ebenfalls aus dem Leben zu scheiden. Dafür wählt sie eine Stelle nahe des Absturzortes und reist dafür nach Cornwall. Sie ist kurz davor, von der Felskante zu springen, als sie von einer älteren Dame angesprochen und schließlich von ihrem Vorhaben abgehalten wird. Die Dame nimmt sie mit zu sich und Kim glaubt, ihr Vorhaben nur vertagt zu haben. Doch schließlich findet sie neuen Lebensmut, was nicht zuletzt an Dan, dem Enkel der alten Dame, liegt.

Die Geschichte ist nett zu lesen, der Stil ist eher einfach und wenig ausschmückend. Stellenweise versucht sich die Autorin darin, Kleinigkeiten näher zu beschreiben, doch ist dies in vielen Fällen eher deplatziert. So ist es doch völlig irrelevant, dass die Notärztin, die die alte Dame nach einem Schwächeanfall versorgt, ihr brünettes Haar tief im Nacken zum Zopf gebunden trägt. Als aufmerksamen Leser stören mich zudem die Fehler, die sich eigentlich nicht hätten einschleichen dürfen. So ist einmal von Segeln die Rede, während ganz klar hervorgeht, dass es sich um das Surfen handelt. Außerdem ist an einer Stelle von Dan zu lesen, obwohl es um Jake geht. Hinzu kommt, dass manche Ausdrücke nicht zum übrigen Stil passen, wie etwa "vögeln" oder "die Alte". Aber vielleicht bin ich da etwas zu altmodisch.

Die Figuren sind etwas genauer gezeichnet, insbesondere mit der alten Dame, die Janet heißt, fühlt man sich irgendwie verbunden. Sie ist herzlich, ehrlich und aufgeweckt. Die Protagonistin Kim hingegen trägt für mich kaum sympathische Züge. Sicher, sie hat ihren Liebsten verloren, aber sie wirkt oftmals so nichtssagend und blass. Es entsteht kaum ein Gefühl der Empathie, da Kim sehr ich-bezogen ist. Vielfach verhält sie sich auch nicht besonders taktvoll, flirtet Dan beispielsweise mitten im Notarzt-Einsatz plump an oder denkt an Sex mit ihm, der leider, leider noch bis nach der Trauerfeier für Janet warten muss.

Bei "Ein Zimmer über dem Meer" spürt man, dass Dana Paul einige Geschichten miteinander verknüpfen wollte. So spielt ein altes Tagebuch eine große Rolle, aus dem Kim immer wieder Janet vorliest. Dadurch taucht der Leser in die Geheimnisse der Tagebuchschreiberin Leandra ein, die eine Verbindung zu Janets Familie hat. Außerdem sind Eindrücke von Kim eingeflochten, die aus der Zeit mit Jake stammten. Auf mich wirkt das alles etwas konstruiert.

Zudem ist von Anfang an vorhersehbar, dass sich zwischen Kim und Dan etwas anbahnen wird. Was Dan an ihr findet, mag aber sein Geheimnis bleiben. Wie gut, dass sie sich nicht schlecht fühlen muss, dass sie so schnell nach Jakes Tod wieder einen neuen Partner findet, schließlich hat sie im Nachhinein erfahren, dass Jake sie betrogen hat. So kann sich alles so fügen, wie man es geahnt hat.

Nichtsdestotrotz ist die Geschichte eine, die man an einem verregneten Sonntag Nachmittag lesen kann. Es ist eine vorhersehbare, seichte Unterhaltung, die etwas mehr Spannung hätte vertragen können.