Collage des Lebens von Sigrid Nunez

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Ein Buch – ein Leben – geschildert wie eine Collage. Irgendwo fängt man an ein Stück aufzukleben, klebt hier und da neue Erlebnisse und Menschen hinzu, überklebt vielleicht dieses oder jenes. Ein Leben kann man kaum der Reihe nach, erzählen. Ein Leben geht voran, aber das Erlebte, das Eigene, das der Eltern, der Großeltern, der Nachbarn etc. ist darin verflochten. Die Vergangenheit und die Gegenwart der anderen gehört dazu. Welches ist das Eigene?
Sigrid Nunez erinnert sich an ihre Kindheit voller emotionaler Gewalt und sieht sich rückblickend „als Kind von beschränkter Neugier“.
Sie teilt das Buch/ihr Leben in vier Teile auf:
Der erste Teil mit 37 Seiten ist dem chinesischen (auch Panama ist involviert) Vater Chang gewidmet. Ein leiser, fleißiger Mann, der sich in seine kleine Welt verkriecht und nicht wirklich Teil der Familie ist.
Der zweite Teil erstreckt sich über 76 Seiten und beschreibt die deutsche Mutter Christa. Eine Hausfrau durch und durch. Vorrangig bedient sie den perfekten Haushalt oder wendet sich der Pflege von Tieren eher zu als der Familie. Sie äußert sich den Amerikanern gegenüber herablassend, wobei sie ihre eigenen Kinder natürlich auch zu den Amerikanern zählt. Sigrid Nunez beendet das Kapitel mit „oh Mutter“.
Im dritten Teil wird der Titel des Buches verdeutlicht. Hier schildert Sigrid Nunez, wie sie durch das Ballett das Eigene endlich spüren kann. Zitat: „Ich war vollständig anwesend, was ich außerhalb des Unterrichts nur selten war.“
Der letzte Teil des Buches ist Vadim gewidmet. Ein Stück Liebe?
Ich hatte anfangs Schwierigkeiten die ganzen verwandtschaftlichen Verhältnisse von Vater und Mutter zu sortieren. Dieser Teil war mehr aufgezählt, als erzählt. Insgesamt habe ich das Buch als nüchtern geschrieben empfunden, was für mich den Schmerz der Autorin noch deutlicher machte. Der Frust der Eltern; diese merkwürdige Familie, hat mich ein wenig traurig gestimmt. Sigrid Nunez wurde als Kind mit allem gut versorgt; dafür machten sich ihre Eltern krumm und unglücklich. Doch an dem Wichtigsten fehlte es…