Brillant, geistreich, humorvoll

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april1985 Avatar

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Eine Frage der Chemie ist eines jener Bücher, das mich unglaublich überrascht hat. Ich habe ehrlich gesagt nicht erwartet, dass sich dahinter ein weiteres großes Highlight 2022, ich würde sogar sagen Lebenslesehighlight, verbirgt.

Es sind die frühen 1960er Jahre. Von Frauen wird erwartet zu heiraten, Kinder zu bekommen, die Familie zu verpflegen und ein Leben zwischen Schönheitssalon, Diätkuren und Gartenvereinen zu führen. Alles Dinge, die so gar nicht Elizabeth Zotts Naturell entsprechen. Elizabeth ist Chemikerin, in einer Zeit, in der man Frauen keinen wissenschaftlichen Beruf zutraut. Zwischen Laborkitteln und Reagenzgläsern fühlt sich Elizabeth wohl. Mit ihrem messerscharfem Verstand lässt sie ihre männlichen Kollegen alt aussehen. Doch dann wird Nobelpreiskandidat Calvin Evans auf Elizabeth aufmerksam und verliebt sich in sie. Und so kommt es, dass Elizabeths Leben plötzlich eine Richtung nimmt, die sie sich nie für sich vorgestellt hat.

Bonnie Garmus Debütroman hat mich wahnsinnig begeistert. Eine Frage der Chemie ist brillant, scharfsinnig, geistreich und dabei auch unglaublich humorvoll. Elizabeth Zott ist eine Protagonistin, die man nicht mehr vergisst. Eine Heldin ihrer Zeit, eine Vorreiterin, ein Vorbild für Mädchen und junge Frauen. Abgesehen von ihrer Intelligenz ist Elizabeth unangepasst, sie sagt was sie denkt und weiß sich zu wehren. Selbst als die Lebensumstände Elizabeth dazu zwingen in der Kochsendung "Essen um sechs" aufzutreten, macht Elizabeth das, was sie am besten kann - Wissenschaft vermitteln. Denn immerhin ist Kochen nichts anderes als Chemie.
Noch nie habe ich auf derart faszinierende Weise eine banale Eierspeise zubereitet und noch nie war das Aufbrühen von Kaffee ein so großes Erlebnis.

Ich habe Elizabeth mit Begeisterung durch ihre Lebensabschnitte begleitet, habe mich mit ihr über die Arroganz ihrer Umwelt geärgert, war entsetzt was Elizabeth alles erdulden musste. Genauso habe ich mich aber auch über die Geburt ihrer Tochter gefreut und es genossen zu lesen, wie Elizabeth mit den neuen Aufgaben gewachsen ist. Tatkräftige Unterstützung erhält Elizabeth von ihrer Nachbarin und Freundin Harriet, welche ich schnell lieb genommen habe. Und dann ist da auch noch Halbsieben, ein streunender Hund, welcher von Elizabeth und Calvin adoptiert wurde und der sich ganz heimlich und leise in mein Herz geschlichen hat. Der ehemalige Bombensuchhund Halbsieben hat sogar eigene Kapitel erhalten! Einfach großartig und herrlich erfrischend!

Bonnie Garmus hat mich mit ihrer Geschichte unglaublich gut unterhalten. Ihr Schreibstil ist unkompliziert und wahnsinnig flüssig zu lesen. Die Kapitel sind nicht zu lang, wodurch man das Gefühl hat durch das Buch zu fliegen. Die Handlung ist temporeich und nimmt Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet habe.

Wenn du ein Buch über starke, kämpferische Frauen lesen willst, dann kann ich dir Eine Frage der Chemie sehr empfehlen. Und wenn nicht, dann lies das Buch trotzdem!

Fazit:

Eine Frage der Chemie ist ein großartiges Romandebüt der amerikanischen Autorin Bonnie Garmus. Die Geschichte ist brillant erzählt und liest sich trotz zahlreicher tragischer Szenen und Ereignisse sehr leicht, was vorallem an den scharfsinningen und humorvollen Dialogen und Elizabeth Zotts unangepasstem und erfrischend ehrlichem Charakter liegt. Außerdem spielt ein Hund eine Hauptrolle. Muss ich noch mehr sagen? Unbedingt lesen!