ein intelligenter und bewegender Roman um eine besondere Protagonistin

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mrs-lucky Avatar

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Bonnie Garmus‘ Debut „Eine Frage der Chemie“ ist ein bemerkenswerter Roman, emotional und mitreißend, obwohl seine Hauptfigur eher spröde und sachlich daherkommt.
Elizabeth Zott ist eine intelligente junge Frau, deren Herz für die Wissenschaft brennt. Im Amerika der 50er Jahre werden Frauen jedoch an den Universitäten und in wissenschaftlichen Laboren nicht akzeptiert, in den Augen der Allgemeinheit taugen sie maximal als Laborassistentin, gehören bestenfalls im trauten Heim an den Herd. Elizabeth
akzeptiert die klischeehaften Herabwürdigungen nicht, sondern übergeht diese mit einer Mischung aus Sturheit und Naivität in der Erwartung, durch ihre Leistung Anerkennung erfahren zu können.
In Calvin Evans, einem hoch angesehenen jungen Wissenschaftler, findet sie einen Seelenverwandten und die Liebe ihres Lebens, doch das Glück währt nicht lange, und um ihren Lebensunterhalt zu sichern, landet Elizabeth schließlich im Fernsehen in einer eigenen Kochshow, in der sie Kochen zu einer Wissenschaft werden lässt. Auch hier zeigt Elizabeth, dass sie sich selbst treu bleibt und sich nicht nach den Vorstellungen anderer verbiegen lässt. Sie präsentiert dem Publikum nicht nur schmackhafte und nahrhafte Rezepte, sondern garniert die Sendung mit wissenschaftlichem Hintergrundwissen und pragmatischen Lebensweisheiten. Ihre Authentizität sorgt für eine Beliebtheit, die nicht zu ihrer spröden und unnahbaren Art zu passen scheint. Mit ihrer Beharrlichkeit auch bei Rückschlagen macht sie den Menschen Mut, ihre Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und sich von Vorurteilen und Klischees nicht unterkriegen zu lassen.
Der Roman bewegt, auch wenn seine Titelfigur oft unnahbar wirkt. Es ist erfrischend und beängstigend zugleich mitzuerleben, mit welchem Selbstverständnis Elizabeth davon ausgeht, dass Männer und Frauen gleich befähigt sind und gleichberechtigt behandelt werden sollten. Umso absurder und irrationaler erscheint das herabwürdigende Verhalten nicht nur der meisten Männer, sondern auch anderer Frauen, denen Elisabeth‘ selbstbewusstes Auftreten ein Dorn im Auge ist. Diese Reaktionen erscheinen unglaublich und überzogen, leider sind steckt allzu viel Wahrheit dahinter, und es ist erschreckend zu wissen, dass weltweit immer noch viel zu viele Frauen um Gleichberechtigung in der Gesellschaft kämpfen müssen.
Die Geschichte überzeugt durch seine lebendigen Charaktere und seine geistreiche Geschichte mit ernsten, aber auch amüsanten Passagen. Man mag kaum glauben, dass es sich um ein Debüt handelt, so überzeugend ist die Geschichte, Bonnie Garmus findet nicht nur bei ihrer Hauptfigur sondern auch bei den übrigen Charakteren immer den richtigen Ton.
Im Hörbuch verleiht Luise Helm, die ich schon von einigen anderen Lesungen kenne, Elizabeth Zott und ihren Mitstreitern auf einfühlsame und gelungene Weise eine Stimme.