„Kochen ist eine seriöse Wissenschaft. Im Grunde ist es Chemie.“

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hiclaire Avatar

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Gleich das erste kurze Kapitel offenbart, dass man mit Maddie und ihrer Mutter zwei ungewöhnlichen Menschen begegnen wird, faszinierend und sympathisch zugleich. Dazu kommen eine gute Sprache und angenehme Erzählweise, die mich der Geschichte ausgesprochen gern haben folgen lassen.

Zu Beginn lernt man Elizabeth Zott als ehemalige Forschungs-Chemikerin und derzeitigen Star einer Kochsendung kennen. (Anfangs habe ich befürchtet, es könnte auf eine dieser Geschichten mit Schwerpunkt Kochen/Backen und Rezepten im Anhang hinauslaufen, aber weit gefehlt). Ihre kleine Tochter Maddie konnte schon mit drei Jahren lesen und mit fünf ist sie sich schon absolut bewusst, dass sie „anders“ ist als die anderen, das aber so weit wie möglich verbergen und dazu gehören will. Im weiteren Verlauf geht es zunächst 10 Jahre zurück in die Vergangenheit. Man erfährt, was geschehen ist bzw. wie es zu ihrer aktuellen Situation kommen konnte - und von einer ganz besonderen, für mich unwiderstehlichen Liebesgeschichte, die ein abruptes Ende nimmt.
In dieser Phase spinnt die Autorin einige Fäden, die längere Zeit „herumhängen“, aber am Ende tatsächlich alle verknüpft werden und für so manche (auch ein bisschen märchenhafte) Überraschung sorgen.

Elizabeth ist eine ausnehmend kluge, selbstbewusste junge Frau und ihrer Zeit weit voraus. Ihre Fähigkeiten als Wissenschaftlerin, insbesondere Chemikerin stoßen in dieser nahezu ausschließlich von Männern dominierten Welt auf wenig Gegenliebe. Anerkennung erhält sie nur insofern, als ihre Forschungsergebnisse von männlichen Kollegen geklaut und als die ihren ausgegeben werden. Und was das Schlimmste dabei ist, ohne jegliches Unrechtsbewusstsein. Generell kommen die Institutionen, sowohl die wissenschaftlichen als auch die religiösen nicht gut weg, werden als scheinheilig und opportunistisch dargestellt bzw. entlarvt. Doch nicht ausschließlich, auch in diesen selbstgefälligen Männerwelten gibt es (wenige) Ausnahmen, die Elizabeth schätzen und bereit sind, sie zu nehmen wie sie eben ist.

Ihre Logik in allen Bereichen des Lebens stößt in ihrem Umfeld meist auf Unverständnis und beschert ihr wenig Freunde. Ihre Tochter macht einige Jahre später ähnliche Erfahrungen.
Durch und durch wissenschaftlich geprägt, erweist sich Elizabeth dann auch als eine ziemlich „spezielle“ Mutter. In diesem Sinn erzieht sie auch ihre Tochter, was zu verblüffenden, teils skurrilen Situationen führt. Als Halbsieben in ihr Leben tritt, war ich zunächst ein bisschen skeptisch, ob dieser Hund mit seinen besonderen Fähigkeiten nicht etwas zu viel des Guten ist, aber was soll ich sagen - er hat mein Herz im Sturm erobert.

Kritisch könnte man vielleicht anmerken, dass manche Figuren und Ereignisse etwas überzeichnet werden und dadurch nicht unbedingt wie aus dem Leben gegriffen wirken. Mich hat das nicht weiter gestört, irgendwie gehört es hier dazu und unterstreicht das Besondere in und um Elizabeth. Es nötigt vermutlich jedem LeserIn Bewunderung ab, wie sie den zahlreichen Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten hoch erhobenen Hauptes begegnet, ihren wissenschaftlichen Ansätzen und sich selbst treu bleibt, selbst wenn es über ihre Kräfte zu gehen droht. Auch die emotionalen Momente werden auf eine spezielle, zurückgenommene, perfekt in die Geschichte passende Weise geschildert – und sind gerade deshalb besonders intensiv und berührend.

Mir hat die Zeit mit Elizabeth ausgesprochen unterhaltsame Lesestunden beschert.