Eine Liebesgeschichte ohne Kitsch

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suse9 Avatar

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Es gibt ihn also, den Liebesroman ohne Kitsch. Hier ist er. „Eine Frage der Höflichkeit“ ist eine Hommage an die Liebe, das Leben, den Mut, den eigenen Weg zu gehen und auf die Unabhängigkeit.

 

In der Geschichte um Eve, Kate und Tinker ist all dies vorhanden und der Autor schildert uns die Ereignisse des Jahres 1938 in New York, die für jeden von ihnen einen wichtigen Einfluss auf ihr weiteres Leben haben. Eve und Kate sind zwei junge Frauen, die versuchen, in einer Männerwelt unabhängig zu bleiben, wobei gerade die Männer ihnen dabei helfen sollen. Tinker, der erfolgreich in der Finanzwelt agiert, findet an diesen lebenslustigen Frauen Gefallen und lässt sich von ihnen ziehen. Sie ziehen ihn aus seinem Alltagstrott und zeigen ihm, dass man auch mit wenig Geld auf seine Kosten kommen kann. Durch seine guten Manieren, sein höfliches Auftreten, die kleinen Gesten der Etikette hat er die beiden schnell für sich eingenommen, und es entwickelt sich eine Freundschaft, an der niemand so schnell rütteln kann.

 

Den Roman „Eine Frage der Höflichkeit“ wollte ich aufgrund des Titels und Covers zuerst gar nicht in die Hand nehmen. Aber die Sprache des Autors lies mich schon bald nicht mehr los. Bei einigen seiner Formulierungen musste ich einfach das Buch sinken lassen und dem Klang der Worte nachlauschen. Wie oft ich während der Lektüre gedacht habe: „Was für ein schönes Buch“, weiß ich nicht. Aber mir war bewusst, dass ich etwas Besonderes in der Hand hielt. Die Handlung, die ruhig und besonnen beginnt, spitzt sich im Laufe des Buches zu, jedoch verzichtet der Autor völlig auf Effekthascherei. Er verwendet weiterhin die atmosphärische Sprache, um die steigende Dramatik nahezubringen. Kate gehört meine volle Sympathie. Ich war erstaunt, wie sie ihr Leben in die Hand nimmt, (fast) immer die richtigen Entscheidungen trifft und wusste doch, dass ich in der damaligen Zeit untergegangen wäre. Während Kate ihre Chancen richtig nutzt, hätte ich mich wahrscheinlich immer für den entgegengesetzten Weg entschieden. Aber sie tat es nicht und so durfte ich Kate im Jahr 1938 durch New York begleiten. Ich sah, wie sie beruflich erfolgreich wurde, Freunde fand, sie wieder verlor und sich immer treu blieb.

 

Ich danke Amor Towles für dieses ungewöhnliche Buch. Es hat mich unterhalten, gewärmt und überrascht. Selbst Cover und Titel sind im Nachhinein betrachtet völlig passend und das I-Tüpfelchen auf diesem schönen Gesamtwerk.