Die Geschichte der Anti-Heldin geht weiter

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justm. Avatar

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Ich gestehe direkt zu Beginn: Ich habe tatsächlich nie „Mondscheintarif“ gelesen. Vermutlich war ich damals noch zu jung oder es entsprach nicht so wirklich meinem eigentlich Lese-Geschmack. Natürlich hab ich den Hype um das Buch und auch die Tatsache, daß der Name der Autorin in aller Munde war, dennoch mitbekommen.

Mehr oder weniger in Vorbereitung auf „Eine halbe Ewigkeit“ habe ich mir aber zumindest die Verfilmung von „Mondscheintarif“ angesehen und man merkte diesem doch schon sehr die inzwischen vergangene Zeit an. Immerhin erschien das Buch 1999, der Film 2001.

Nach fast 25 Jahren entschied sich Ildikó von Kürthy nun also die Geschichte rund um ihre Heldin (oder eigentlich doch eher Anti-Heldin) Cora Hübsch fortzusetzen; die Lücken dessen, was ihr zwischenzeitlich passierte, zu füllen.

Und das war gleichzeitig eine Menge und irgendwie nichts. Es ist, wie es ist: Das Leben geht nun mal weiter. Und so war es eben auch für Cora. Heirat, Kinder, und immer wieder Unsicherheit, was sie selbst anging. Egal, ob es um ihren Körper, ihre Einstellungen oder Meinungen ging. Alles stand ständig in Frage oder wurde noch viel lieber bemängelt und gegängelt. Und ich glaube, daß das genau das war, was es mir sehr schwer gemacht hat einen Zugang zu Cora zu finden. Vielleicht liegt es auch ein wenig an dem Altersunterschied, aber der ist mir in anderen Büchern nie so, na sagen wir unangenehm, aufgefallen.

Cora ist anstrengend. Manchmal zu Recht, viel zu oft, aber einfach „nur so“. Doch sie findet sich bald in einem neuen Freundeskreis wieder (erstaunlich wie schnell das ging), der ähnlich tickt. Bei dem Konglomerat an Namen nicht den Überblick zu verlieren, fiel mir zu Beginn ein wenig schwer. Und auch das Darüber-Hinwegsehen, wie stereotyp manche Charaktere gezeichnet werden, war nicht immer einfach. Ich denke hier war eher auf Humor ein Augenmerk gelegt worden, als auf Realitätsnähe. Nun gut.

Es ist nicht so, daß mir „Eine halbe Ewigkeit“ gar nicht gefallen hätte. Ich brauchte einfach ein wenig um ins Buch reinzukommen, aber als ich einmal im Lesefluß war, war der auch gut.
Und dennoch: Für mich war die Geschichte rund um eine Mitfünfzigerin, die scheinbar eine Art Midlife-Crisis durchmacht, schwer zu greifen. Dabei möchte ich noch nicht mal auf die eigenwillige Liebesgeschichte zu Doktor (!) Daniel Hoffmann eingehen – da muß sich jede*r eine eigene Meinung bilden. Für mich fand diese ein Ende, das anders nicht funktioniert hätte, aber wie gesagt: das muß jede*r selbst entscheiden. Sie stand einfach viel zu sehr im Vordergrund, gerade wenn man bedenkt, daß die eigentliche Geschichte dieses Buch, neben der Selbstfindung von Cora, die Geschichte Johannas, Coras bester Freundin, war. Und die hatte es echt in sich. Und war das, was mich in diesem Buch am Meisten bewegt hat. Zeigte sie doch, daß echte Freundschaft jede noch so große Liebe überdauert.
Während der Tagebuch-Aufzeichnungen zum Ende des Buches hin, die im Grunde Briefe an Johanna sind, habe ich beinahe durchgehend geweint. Von Kürthy hat es also zumindest in dieser Hinsicht geschafft mich zu überzeugen. (Aber mit Geschichten über Freundschaft bekommt man mich eben eigentlich immer.)
Der Rest des Buches ist dann vermutlich doch eher für eine andere Generation, die sich mit der Protagonistin besser identifizieren kann.

Von mir letzten Endes 3,5 Sterne!