Freuden und Schattenseiten der Veränderung

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mrschaosqueen Avatar

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Der Roman "Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe" von Doris Knecht kann mit einem schön gestalteten Cover und einer absolut nachvollziehbaren Situation der Protagonistin bestechen, die das hineinversetzen in die Geschichte erleichtert.
Auch der Schreibstil der Autorin trägt zu einem schönen Lesefluss bei und kommt weitgehend ohne schnörkelige, überladene Sprache aus.

Während mir die Prämisse der Handlung - eine Mutter muss ihr Leben nach/rund um den Auszug ihrer Kinder neu organisieren - gut gefallen hat, fand ich die Umsetzung nicht ganz so gelungen.
Der Gewissenskonflikt der Protagonistin, einerseits Wehmut und Melancholie ob des Auszuges ihrer Kinder zu empfinden, sich zugleich jedoch auch über die neu gewonnene Freiheit und Unabhängigkeit zu Freuen, war sehr gut dargestellt und auch absolut nachvollziehbar beschrieben.
Gestört hat mich allerdings die stellenweise recht große Selbstzentrierung der Protagonistin: Dass die Umstellung für ihre Kinder eine ebensogroße Herausforderung darstellt wie für sie selbst, scheint der Erzählerin in keinster Weise eingängig zu sein.
So nimmt sie etwa die verhaltene Reaktion ihres Sohnes auf ihren Umzug mit großer Verwunderung war und kann sich dies nicht so recht erklären.

Auch fehlte mir vor allem im letzten Drittel doch ein wenig Spannungsbogen, so fand ich die Reflexionen der Protagonistin zwar interessant, eine weitere, handlungstreibende Erzählebene hätte allerdings meiner Meinung nach gut getan.

Insgesamt hat mir das Buch dennoch sehr gut gefallen, die montageartig eingebauten achronischen Versatzstücke und der nüchterne Stil machen es zu einer guten Ferienlektüre, auch wenn ich vielleicht eher im Alter der Kinder der Protagonistin bin und daher teilweise nicht mit ihrer Sichtweise übereinstimmte.